Völlig vernagelt
Sigi Zimmerschied – „Hirnrisse“
„Nichts gegen Alfred Gusenbauer. Jede Billa-Filiale wäre froh um so einen Geschäftsführer!“
kabarett.at / 1. März 2007
„Back to the roots“ könnte das Motto von Sigi Zimmerschieds 11. Solo heißen. „Reduced to the maximum“ ist das Ergebnis. Denn im Gegensatz zu seinen letzten Programmen hält er sich in „Hirnrisse“ nicht mit der Schaffung komplexer Erzählstrukturen, verzahnter Handlungsebenen und elaborierter Charaktere auf. War ja auch zumeist ein völlig vergeblicher Aufwand: „Keiner hat’s kapiert. Nicht einmal die Süddeutsche. Aber Hymnen! Aus Verzweiflung.“
Kabarettist – Bühne – Publikum: Mehr bedarf es diesmal nicht. Und um diesen mit Selbstironie kommentierten „Rückschritt“ an den Beginn seiner Karriere auch im Detail zu illustrieren, bringt er – ganz so wie seinerzeit – sein Manuskript mit auf die Bühne. Ausgerechnet der Kabarettist, der seine Programme beherrscht wie kein Zweiter.
Mit spürbarem Spaß an seiner eigenen Boshaftigkeit kommt er auch immer wieder von der Bühne herab ins Publikum: „Schon meine Oma hat gesagt: Sigi, du hast einen Hang zur Gosse !“ Dort angekommen sucht er sich unter den Besuchern geeignete Anschauungssubjekte für seine ausgeklügelten Polemiken. Und das mit einer dermaßen einschüchternen Trittsicherheit, dass er sich kaum jemals dem Risiko aussetzt, improvisieren zu müssen.
Aus dem nach 10 Programmen mit satirischen Waffen jeglicher Geschliffenheit und Durchschlagskraft bestens ausgerüsteten Blickwinkel des an der Stumpfheit und der Niedertracht der Menschheit noch immer nicht verzweifelten Moralisten knöpft sich Zimmerschied auch in „Hirnrisse“ wieder die herausragendsten aktuellen Ärgernisse vor. Politiker, Päpste und pseudointellektuelle Essayisten, Bürokraten, Bücklinge und Bundeswehr. Ein vergleichsweise geradliniges Furioso wider die weit verbreitete Vernageltheit. Also auch gegen das Fernsehen : „Das größte Nagelstudio der Welt.“
Und natürlich belässt er es nicht bei oberflächlichem Spott. Seine scharfsinnigen Formulierungen gehen mit ihren in der Glut der Wut gehärteten Pointen tief unter die Haut: geistreich gepfefferte Wirkungstreffer. Mit einem Sieg nach Punkten hat sich ein Zimmerschied noch nie zufrieden gegeben. Einer, der seine kabarettistische Motivation unverändert aus der eigenen Überzeugung schöpft, geht erst dann zufrieden vom Platz, wenn seine Opfer um Gnade winseln. Und wenn das Publikum dann auch noch applaudiert, passt alles.
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