Mit Hingabe sinnlos
Der Standard 01/1999
Alf Poier polarisiert. Seine kompromisslosen Entertainment-Darbietungen entziehen sich über weite Strecken allen üblichen Parametern der Kleinkunst-Kritik. Nur er selbst ist das Maß der Dinge, die er seinem Publikum im Laufe seiner aktionistischen Auftritte präsentiert: “Witzig is jo ois. Es kummt imma nur darauf an, wia mas verwendet.” Doch seine Karikaturen, Bastelarbeiten, Kurzgeschichten, Improvisationen, Supermarkt-Requisiten und Liedern wirken allesamt nur auf den ersten Blick so, als könne man sie bedenkenlos in der “Trash & Nonsense”-Lade entsorgen. Denn unter seinem offen zur Schau getragenen Deckmäntelchen des naturtrüben Dorfdeppen verbergen sich allerhand hintergründige Wahr- und Weisheiten. Mit seiner Kombination aus anarchisch anmutender Simplizität und kindlich ungezügelter Phantasie gelingen dem Obersteirer Programme, deren höchste Kunst ihre radikale Ungekünsteltheit ist. Einer, der so aufrecht ist, wie Alf Poier, hat zwangsläufig Format. Am kommenden Montag präsentiert der Vorjahres-Sieger des ”Salzburger Stiers” in der Kulisse sein neues Programm ”Zen”.
Herr Poier, wie gehen sie mit dem vermutlich ungewohnten Erwartungsdruck um?
Gaunz ehrlich – mia is des wurscht, waun des Gaunze net hinhaut. I muaß net Kabarettist sein. Wos ma net wurscht is, des san die zwa Stund, die i auf der Bühne steh. I tat mi zu Tod schama, waun de zwa Stund nix wuraten. Des tat mi anzipfn. Soweit hob i mei Ego no net vernichtet, doß ma des wurscht war. I bin zwoa dabei – oba es is sauschwa.
Worum wird es in ”Zen” gehen?
Ums Erleben der Wirklichkeit. I hob vü Sochn im Programm, wo die Wirklichkeit ersichtlich wird. Also, die Hintergründe des Seins. Man glaubt ja oft was, was goa net stimmt.
Welche musikalischen Stilrichtungen sind zu erwarten?
Von total hardcore, über schwer suizid bis ins chinesische. I hob ma jetzt a Schlagzeig so umbaun lossn, daß i mit’m linkn Fuaß die rechte Hand spün kaun.
Auf welche Programm-Teile freuen Sie sich besonders?
I moch vielleicht irgendwos auf der Bühne und sog dazu, daß i des goa net mochn wü, oba i mochs trotzdem. Und die Zuschauer miaßn klatschen, obwois goa net wuin. Es mochn daun auf amoi olle etwas, wos goa net wuin – miaßn oba so tuan ois obs wullatn. Des find i super!
Ist das ein Stil, mit dem man sich viele Freunde schafft?
I triff jo kaum noch wen. Oba wenn i einsam bin, denk i ma: Mein Gott, zum Glück hob i die Einsamkeit, weil waun i die a net hätt, war i wirklich alla. Mehr oder weniger.
Verfolgen Sie mit ihrer Arbeit irgendwelche künstlerischen Ziele?
I mecht anfangen, auf einer internationaleren Ebene zu arbeiten. I mecht aus dem Kabarett-Programm a Show machen. I will Rituale mochn. Rituale, bei denen kana waß, wos des is. Inklusive mir. Oba des is wurscht. Man muß lernen, sinnlose Sochn mit Hingabe zu tuan.
Ist das auch abseits der Bühne Ihr Ziel?
I war ois Mensch scho sehr weit, waun i mir am Naschmarkt an Krautgebbl kaufn tät und mi damit in a Flugzeug nach Paris setz – nur daß i eahm untern Eiffelturm hileg. Und des obwohl i des Gaunze goa net wü. Und dann glei wieda heimfahrn. Oba des Schwierigste kummt erst: I derfats kaam dazön. Es derfat ka Mensch wissen, des i des tan hob. Sunst woa des Ganze umasunst gwesn.
Danke für das Gespräch.
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