Kärnten is a Wahnsinn
Winkler & Feistritzer – „Urlaub bei Freunden“
„Woran erkennt ein Surflehrer/Skilehrer, dass der Sommer/Winter vorbei ist ?“ – „Er muss sich sein Hosentürl wieder selber zu machen.“
kabarett.at / 11. Mai 2006
Deutsche Urlaubsgäste sind blöd, lästig und laut. Die Einheimischen sind skrupellos, notgeil und korrupt. Auf Basis dieser funktionellen Klischees entwickeln die Kärntner Kabarett-Newcomer Reinhold Winkler (30) und Wolfgang Feistritzer (27) ihr Nummernkabarett : eine flotte Abfolge engagiert illustrierter Szenen und Lieder, in denen es vor allem um die vielfältigen Fratzen und Folgeerscheinungen des heimischen Fremdenverkehrs geht. Und weil hintergründiger Humor die leichtfassliche Unterhaltung womöglich stören könnte, bleiben „Winkler & Feistritzer“ dabei vorsätzlich so platt, wie die Charaktere, die sie vorführen – statt sie überzeugend zu verkörpern. Winkler und Feistritzer sind nämlich (noch) keine Schauspieler, sondern nur Zur-Schau-Steller. Sie geben Schießbudenfiguren zum Abschuss frei – für ihre leider nur selten originellen Pointen. Dabei können die Beiden durchaus komisch sein. Vor allem, wenn sie sich zurücknehmen. Als verschüchtertes Skikurs-Kleinkind ist Feistritzer beispielsweise großartig !
Bisweilen gleiten die beiden auf ihrem gefälligen Humor-Niveau auch ins Grausliche ab. Und diese Passagen dürfen nicht mit schwarzem Humor verwechselt werden. Der bedarf nämlich eines entsprechenden Umfeldes. Bei „Winkler & Feistritzer“ sind es aber nur vermeintlich freche Tabubrüche – allein aus Lust an vermeintlich frechen Tabubrüchen. Mit deplatzierten Scherzen über Altersheim und Kehlkopfkrebs kann man aber höchstens bei Klassenkameraden Gejohle ernten.
Oftmals fehlt ihnen einfach das Gespür. Schon nach drei Minuten Programm ist zwei Mal kräftig gespieben worden, als Schlusspointe der Zugabe darf ein schwuler Skifahrer herhalten – und auch dazwischen kennt die Gaudi keine Grenzen. Es kann nicht nur am Dialekt liegen, dass man sich gelegentlich bei einem dieser von Skilehrern im Winter wöchentlich veranstalteten Sketch-Abende wähnt. Oder gleich beim Fasching.
Doch genug geunkt. Schließlich sind „Winkler & Feistritzer“ noch Showbiz-Neulinge – mit einer ausgedehnten Reifezeit vor sich. Sie haben witzige Ideen, musikkabarettistische Begabung und eine ausbaubar schräge Fantasie. Jetzt gilt es noch, diese Talente mit dem nötigen Feingefühl auf die Bühne zu bringen. Natürlich wird auch das Programm „Urlaub bei Freunden“ schon sein Publikum finden. Aber es möge es bitte vorläufig nicht in Kleinkunstlokalen suchen! Nicht, so lange ansatzweise satirische Untertöne hilflos im lautstarken Akkord der schalen Witze verklingen.
Abschließend noch ein Tipp: Es ist schlicht nicht geschickt, ausgerechnet jener Tom-Waits-Nummer einen neuen Text zu verpassen, die von Josef Hader bereits kongenial übersetzt wurde und seit wahrscheinlich bald 20 Jahren regelmäßig den feierlichen Schlusspunkt aller Niedermair’schen Kabarettfeste bildet. Bis zur Vorlage eines genialeren Textes heißt „In the neighbourhood“ auf deutsch „In da Nochbaschoft“ – und nicht „I hob Kehlkopfkrebs“. So viel Chauvinismus muss sein.
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