Etikettenschwindel
Der Standard 11/1998
Nichts gegen ein gutes „Best-of“-Programm. Schon gar nicht gegen eines von Andreas Vitasek. Nicht einmal, wenn es sich nur um die Wiederaufnahme eines bereits erfolgreich erprobten, alten „Best-of“-Programms handelt. Sofern es als solches angekündigt wird. Wurde es aber nicht. „Seine schönsten Erfolge, Teil 2“, ließ er verlautbaren, werde ein Programm seiner persönlichen B-Seiten und outtakes. Unbekannte Nummern aus düsterer Vorzeit, die er vom Staub der Archive zu befreien und modern einzukleiden gedenke. Mißachtete Kleinode aus seiner kabarettistischen Kindheit, denen er nun endlich die gebührende Aufmerksamkeit gönnen wolle. Hat er gesagt. Und ca. 10 Minuten lang – im Verlauf der zweistündigen Aufführung – versucht er, diesem Vorhaben auch gerecht zu werden. Der Rest ist längst gemähte Wiese: ein schlichtes Best-of, zusammengefügt aus seinem gerade einmal vier Jahre alten ersten Best-of-Programm „Bilanz“ und seinem letzten Solo „Kurzzugende“. Oho ! Ein Best-of eines Best-of! Das muß ja besonders Superbest-of sein. Ist es natürlich auch. Objektiv gesehen. Seine Klassiker über die gesammelten Stillen, die Wohnung in außergewöhnlicher Lage, den Verkäufer von Freunden aller Art, den Wochenend-Vater, die Fahrt zum Kanzlerfest durch die persönliche Vergangenheit in Favoriten usw. Alles gute Bekannte, bis hin zum Dr. Tod. Und alles sehr gelungene Nummern, die durch die jahrelange Routine vielleicht sogar noch etwas runder und mit traumwandlerischer Sicherheit daherrollen. Objektiv gesehen. Aber wer geht schon objektiv ins Kabarett? Wenn auf der Speisekarte Lammfilet steht, ist eine vom haubengekrönten Chefkoch persönlich servierte Hammelkeule höchstens der vergebliche Versuch einer Enttäuschungsminimierung.
Das eigentlich Versprochene gab es in der Pause. Und kaum jemand dürfte es bemerkt haben. Da spielte die Tontechnik die von Vitásek koproduzierte CD „Syntrax“ ein. Das Ergebnis des erstaunlich ausdauernden Spieltriebs zweier junger Musikbastler: Zu neuem Sinn verdichtete und in Ambientmusic eingelegte Wort- und Satz-Samples aus alten Programmen von Hader, Dorfer und Vitásek selbst. Interssantes Kabarett-Recycling in zeitgemäßem Gewand. Für derartiges waren wir ins „Vindobona“ gekommen. Die Antiquitätenmesse lief indes bis vergangenen Sonntag im Palais Harrach.
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