Lockeres Schüttgut mit etwas Ernst der Lage
Falter 10/2018
Im Vergleich zu dem, was der grimmige Gesichtsausdruck, die plakative Geste und der Titel „Austrophobia“ insinuieren, ist Andreas Vitásek in seinem 13. Solo geradezu ein Gutelaunebär. Von der heimischen Tagespolitik lässt er sich nur wenig in sein kabarettistisches Kunsthandwerk pfuschen. Ein paar gezielte, nebensätzliche Pointen – „der Manfred Haimbuchner im Trachtenanzug sieht so aus wie Kim Jong-un in Uniform“ oder „Schifoan ist das österreichische Bella Ciao“ – müssen genügen. Wenn schon die Stimmung mit dem Ernst der Lage runterziehen, dann bitte gleich mit den richtig schweren Brocken: Beim Thema Ersticken und Ertrinken macht die Komik kurz Pause.
Doch die meiste Zeit dreht sich eh alles – selbstironisch und in beschwingtem Plauderton – um den Protagonisten. Willkommen im vitásekzentrischen Weltbild, wo masturbierende Möpse, ansprechende Passanten, Altersbeschwerden, Ängste und Allergien – „ich habe nur eine einzige Intoleranz: gegen Intoleranz“ – für stetige Heiterkeit sorgen: humorvolles, lockeres Schüttgut, das sich – wie fast immer bei Vitásek – durch tägliches Rütteln in nächster Zeit gewiss noch zu einem kompakten Programm verdichten wird. Schließlich ist der laut eines Votings – wie er amüsiert erzählt – „neunzehntlustigste Österreicher … von zwanzig Kandidaten“ heuer mit dem Ehrenpreis der „Deutschen Kleinkunstpreise“ ausgezeichnet worden.
„Austrophobia“ wird zwar nicht als Vitáseks bestes aber erfreulicherweise auch nicht als sein letztes Solo in die Geschichte eingehen. Denn das richtige Alter zum Abtreten habe man erst dann erreicht, wenn es nicht mehr heißt „Wos hot er denn g’hobt?“, sondern „Wos? Der hot no g’lebt?“. Apropos Tod: Zum Abschluss gibt es wieder ein Zwiegespräch mit seinem handlichen Sterbebegleiter. Zippezappe! So viel Ritual muss sein.
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