Deconstructing Christmas
Der Standard 12/2000
Wenn ein Hauch von Tannenduft aus der Raumspray-Dose das “Spektakel” mit Penetranz durchzieht, wenn Wolf Martins berüchtigter “ausschwitzen”-Vers nach “Rammstein” klingt und sich besonders besinnliche Absonderungen von Karl May zum roten Festtagsfaden verdichten, dann ist die schönste Bescherung schon zum Greifen nah: Die Kabarettisten Thomas Maurer & Martin Puntigam schütteln “Vier Fäuste für ein Halleluja” vom Weihnachtsbaum. Ein ganzer Abend zusammengefügt und aufbereitet vornehmlich aus jenen erlässlichen Erscheinungen, die sich alle Jahre wieder anschicken, einem die nächstenliebe Laune gründlich zu verderben.
Wie zum Beispiel ihr frisch gebrauter Benefiz-Punsch zugunsten jener bemitleidenswerter Rotarier, die ausgerechnet in der kältesten Jahreszeit in Fußgängerzonen ehrenamtlich Benefiz-Punsch verkaufen müssen. Völlig ungenießbar, aber so soll es sein, denn “die Indianer sagen, ein Punsch muss am Anfang riechen, wie ein alter Autoreifen”, weiß Puntigam. In viertelstündigen Abständen sammeln die beiden Zeremonienmeister im Verlauf ihres heiter-besinnungslosen Programms Spenden für diverse wohltätige Zwecke ab. Unter anderem zum en-gros-Erwerb einer von Wolfram Pirchner besungene Weihnachtslieder-CD, um selbige mit aller Gewalt “entweder in die Hitparaden zu bringen oder wenigstens aus dem Verkehr zu ziehen”. Obacht in den vorderen Sitzreihen: ausgerechnet wegen eines verirrten Pirchner-CD-Splitters die Feiertage im Krankenstand verbringen zu müssen, wäre zu blöd.
Maurer und Puntigam haben sichtlich großen Spaß an ihrer unheiligen Schöpfung: Eine rituelle Verrichtung der etwas anderen Weihnachtspflicht voll gescheit-hintergründiger Untergriffe und musikalischer Unglaublichkeiten, “bei denen einem das Mitsingen im Halse stecken bleibt”. Wenn sie schlußendlich zu der von platt-plakativer Liedermacher-Gesinnung geschwängerten Weise “Ist denn Weihnachten heute noch ein Fest für die Kinder” anheben, ist wahrhaft weihnachtliches Winseln um Gnade angesagt. (pb)
- Bis Samstag im Wiener “Spektakel”, ab Sonntag im Grazer “Theatercafé”
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