Zuviel des Guten
Hubsi Kramar & Peter Paul Skrepek – “Überlebenskünstler II”
Jesus zu Gast bei Helmut Zilk
kabarett.at / 30. März 2005
Im vorsorglich und nachhaltig eingeweihräucherten Ambiente des “Spektakels” kommt es auch in der zweiten Auflage der “Überlebenskünstler” wieder zu einem Gipfeltreffen zwischen Dies- und Jenseits. Peter Paul Skrepek ist ganz der Alte, Hubsi Kramar ganz im Gegenteil. Als Jesus Christus könnte er jederzeit auch in Oberammergau auftreten. Vom dornenkronigen Scheitel bis zur blanken Sohle ein Heiland, wie er im Buche steht. Dass er im Gespräch mit Altbürgermeister Helmut Zilk – wie auch schon dessen letzter Gast Adolf Hitler – kaum zu Wort kommt, ist Programm.
Jesus: “Ich bin Christus, der König der Juden.”
Zilk: “Ja, und ich bin der Bürgermeister von Wien.”
In einer endlosen Staffette aus Versprechern, Missverständnissen und Bildungslücken erklärt ihm Zilk Gott und die Welt – während Jesus‘ anfänglich noch gütiger Blick zusehends zu einer starren Duldermiene versteinert. Und seine Gelassenheit schlussendlich gerechtem Zorn weicht. Doch der selbstverliebte Talkmaster erweist sich nach einer kurzen Schrecksekunde sogar als schweigefluch-resistent. Jesus : “Herr, warum hast Du mich wieder verlassen !”
Bis es allerdings zu diesem dramatischen Höhepunkt kommt, sind zwei Stunden vergangen. Eine kleine Ewigkeit, in dessen Verlauf auch abgestandene Albernheiten für Lacher sorgen müssen. Seinen von Jesus auf wundersame Weise geheilten Hexenschuss kommentiert Zilk mit den Worten: “Mit Kreuzschmerzen kennen sie sich ja aus.” Jesus Bitte nach einer weniger weich gepolsterten Sitzgelegenheit bietet Anlass zu einem Scherz über “harten Stuhl”. Und dergleichen mehr.
Jesus: “Wahrlich, ich sage euch …”
Zilk: “Jetzt nicht, Jesus !”
Zilks penetrant eitle Angewohnheit, ständig aus seinem eigenen ruhmreichen Leben zu zitieren, sein schroffer Umgang mit seinem hohen Gast – “Jetzt tun‘s doch nicht so allwissend !” – und die hohe Dichte origineller Wortspiele – von den “Weißen aus dem Mohrenland” über “Buddha kann durch nichts ersetzt werden” bis zu “Pleionasmus von Rotterdam” – sind freilich eine Zeit lang durchaus amüsant. Und wenn Jesus mit vor Verzweiflung über die ihm gegenüber sitzende, fleischgewordene Apokalypse mit tränenerstickter Stimme das Hohelied auf die Liebe anstimmt, hält sogar kurzzeitig echte Rührung Einzug.
Das Problem aber ist : Peter Paul Skrepek ist Zilk so erschreckend ähnlich, dass es irgendwann einfach nicht mehr lustig ist. Wer sich am Montag mit dem TV-Original – in der verschärften Version “Zilk trifft Gustav Peichl” – auf die Aufführung eingestimmt hat (unerklärlicherweise hatte die Sendung über 150.000 Zuschauer), weiß, was gemeint ist. “Es muss weh tun”, meinte Künstler-Kollege Thomas Rabitsch nach der Premiere – und formulierte damit die einzige Rechtfertigung für einen Abend, dem eine knappe Stunde vollauf genügt hätte.
Wie war das denn seinerzeit beim Hitler ? Schon damals wurden Stimmen laut, die meinten, es sei zu viel des Guten, einen Gag, der von anderen Kabarettisten in 10 Minuten abgehandelt würde, auf 50 Minuten auszudehnen. Im Laufe der Jahre wurde aus dem Kurzprogramm dennoch ein zweistündiger Abendfüller. Diesmal beginnen Skrepek und Kramar bereits mit einer extended version. Man kann nur hoffen, dass sie bei “Überlebenskünstler II” den umgekehrten Entwicklungsweg einschlagen und den Zilk’schen Monolog möglichst rasch auf ein erträgliches – und dann gewiss durchwegs erheiterndes – Maß reduzieren. (pb)
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