Männerkabarett mit doppeltem Boden
Sie: „Wirst du mich noch lieben, wenn ich mal alt bin ?“
Er: „Nicht nur lieben. Ich werde dir auch schreiben.“
kabarett.at / 11. Oktober 2004
Der Feind hat einen Namen : Frau. Soweit der Inhalt in Kürze.
Der Umstand, dass Männer und Frauen höchst unterschiedliche Geschöpfe sind, die im Umgang miteinander ihre Schwierigkeiten haben, kommt in fast jedem Kabarettprogramm zur Sprache. Aber erst selten so radikal und bis in den letzten Trugschluss konsequent schonungslos, wie sich ihm Stangl in seinem neuen Solo widmet.
„Die Ehe ist wie ein Dinner, das mit dem Dessert beginnt – und mit einer lauwarmen Nudelsuppe endet.“
Von klassischen Beziehungsproblemen, in denen es um die üblichen schmutzigen Socken, gemeinsamen Einkaufs-Abenteuer und leidigen Kommunikations- und Sexualprobleme geht, hantelt sich Stangl zu den Wurzeln des Übels: die ungerechte Überlegenheit des weiblichen Geschlechts in fast allen Belangen, die in den letzten Jahrzehnten zur endgültigen Machtübernahme der Frau geführt hat. Dabei waren es doch wir Männer, die wir die Geschicke der Menschheit seit Jahrtausenden mit Bedacht und Weisheit gelenkt haben !
In bester TV-Prediger-Manier bemüht sich Stangl darum, die Männer im Publikum zu einer solidarischen Kampfgemeinschaft gegen das Joch der feministischen Unterdrückung zusammen zu schweißen. „Jungs, wir müssen was unternehmen !“ Ein furioses Motivations-Seminar für uns daheim so rücksichtslos unterdrückte, geborene Führungskräfte, die wir hilflos mit ansehen müssen, wie die von Power-Emanzen beherrschte Erde vor die Hunde geht, während wir den Mist hinunter tragen müssen. Ständig gedemütigt, wehrlos und streng überwacht.
„Nur eine Witwe soll in Zukunft wissen, wo sich ihr Mann jeden Abend aufhält !“
Stangl scheut weder vor derber Plakativität noch vor schweren Geschützen zurück. Hier wird schließlich nicht auf Spatzen geschossen, sondern auf einen übermächtigen Gegner, dem mit politisch korrekten Mitteln nicht beizukommen ist. Wer ist denn Schuld an der Pensionskrise ? Die Frauen natürlich. Weil sie früher in Rente gehen und dann auch noch länger leben. Höchste Zeit also für eine gesetzliche Lebenszeitverkürzung für Frauen. An Punkten, wo sich der Spaß üblicherweise aufhört, legt Stangl erst so richtig los. Und fordert die Einführung eines christlichen Austro-Islam inklusive hinduistischer Witwenverbrennung.
So viel Power hat Stangl (50) schon lang nicht mehr ausgestrahlt. Vielleicht auch deshalb, weil er sich ganz offensichtlich in den letzten Monaten Dutzende Kilo abtrainiert hat. Dadurch ist er zwar eine nicht mehr ganz so imposante Erscheinung wie früher, als er die Niedermair-Bühne schon kraft seines Körperumfangs auszufüllen vermochte, dafür besticht er mit gelenkiger Komik auch abseits seiner ausdrucksstarken Mimik. Stellenweise illustriert er wie ein wild gewordener Comic-Strip seine Anliegen. Mit dem Mut der Verzweiflung und schwer gebeutelt von der Furcht vor der dräuenden Zukunft, in der Männer maximal noch als geschundene Sexualobjekte ihr freudloses Dasein fristen dürfen.
War sein letztes Solo „Selbstbewusst Waschlapp sein“ tendenziell eher ein resignativer Abgesang, ist das abermals zusammen mit Hannes Vogler verfasste Programm „Warum Frauen …“ fast schon die Rückkehr zum Agitprop-Kabarett. Abzüglich seiner stets mitschwingenden Doppelbödigkeit hätte das Programm das Zeug dazu, als männliches Gegenstück zum verrufenen „Frauenkabarett“ nicht in die Kleinkunstgeschichte einzugehen. So aber zieht Stangl mit bösem Sarkasmus gegen die Frau zu Felde – und versetzt dabei mit beiläufiger Selbstironie dem Mann den längst gebührenden Gnadenstoß.
Fazit : Ist halt schon eine reichlich durchgekaute Thematik und daher zwangsläufig nicht immer originell, aber in seiner Intensität und Kompromisslosigkeit hinlänglich unterhaltsam.
0 comments on Männerkabarett mit doppeltem Boden