Zwei Indianer und ein Deutschmann
Der Standard 11/1999
Das waren noch Zeiten, damals in den 70‘ern, als man sich vor Fußball-Hooligans noch fürchtete und politischer Protest lustvoll auf der Straße stattfand. Nur die Erinnerung ist ihnen geblieben. Und ein paar stolze Narben. “Stangl & Vogler” verkörpern in “Männer sind bessere Indianer” zwei bis zur Gesinnungslosigkeit verblasste, einstmals engagierte Rothäute, die ihr sattes, selbstzufriedenes und entsprechend sinnentleertes Mittvierziger-Dasein mit großmäuligem Gewäsch und gegenseitigem Generve zu kaschieren trachten. Ein vorsätzlich stupider Stammtisch, an dem der Chauvinismus und der Pragmatismus selbst die stumme Verzweiflung längst unter den Tisch gesoffen haben. Denn in diesem Sumpf gedeihen neben worthülsigem Unkraut auch allerlei amüsante, beunruhigende und bisweilen beängstigende Satiren, u.a. über politisch korrekte Frauen- und Fremdenfeindlichkeit. “Männer sind bessere Indianer” ist nicht nur das vergleichsweise zurückhaltende und ohne Zeitdruck gereifte kabarettistische Comeback des “Niedermair”-Hausherrn und Kabarett-Altmeisters I Stangl, es ist auch das erste Programm, in dem er mit seinem langjährigen Co-Autor Hannes Vogler gemeinsam auf der Bühne steht. Und das auf wohltuend unaufdringliche Weise.
Eine ganz andere Art der Vergangenheitsbewältigung betreibt der Freiburger Kabarettist Matthias Deutschmann in der “Kulisse”. Sein aktuelles Programm “Finalissimo” ist eine geistreiche und historisch fundierte Verabschiedung des 20. Jahrhunderts in Form eines irritierenden Rückblicks : zwischen Spott und Sehnsucht, Resignation und Revolution. “Zwei Weltkriege und dreimal Weltmeister – das reicht für dieses Jahrhundert”. Mit dem roten Faden der persönlichen Wahrnehmung – “Man kann sich nicht aussuchen, an was man sich erinnert” – spinnt er kleine Banalitäten und große Weltpolitik zu einem erstaunlichen Assoziationsgeflecht und einem streckenweise genial entgleisenden Geschichtsunterricht zusammen. Anspruchsvolles und dabei alles andere als abgehobenes Amüsement eines Meisters seines Metiers – voll bitterer Pointen und satirischer Abstecher in die hiesige Tagesaktualität. Leichte Bauchpinselung für das Bildungsbürgertum ist im Eintritt inbegriffen.
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