Let’s shake!
Der Standard 06/1999
Das Werk William Shakespeares hätte ein Länge von 150 Stunden. In der Version der „Reduced Shakespeare Company“ dauert es immerhin noch vier Stunden. Im Metropol benötigen Michael Niavarani, Rupert Henning und Viktor Gernot kaum mehr als 100 Minuten, um das Oeuvre des Elisabethaners gehörig Revue passieren zu lassen: Die Schauertragödie „Titus Andronicus“ wird passenderweise zu „Vera“ umfunktioniert, die Königsdramen als fast forward Fußballspiel abgespult und sämtliche Komödien zu einem expliziten GV-Sonett verdichtet. „Romeo und Julia“ dient indes als Rahmen für allerlei Persiflagen und Parodien : Louis de Funès, Bertolt Brecht, Herbert Grönemeyer, Oskar Werner und Otto Schenk (als Julia). Und der Geist von Hamlets Vater baumelt in Gestalt eines umnebelten Tennissockens von der Decke.
Im Grunde genommen eine flotte Abfolge nummernkabarettistischer Blödeleien, die sich geschickt mit der Aura des Literarischen umgibt. Denn Shakespeare ist zumeist nur Mittel zum Zweck. Und der lautet: Spaß! Dass er bei aller Plakativität nie peinlich wird, verdankt die Aufführung der komödiantischen Virtuosität und präzisen Rasanz der Darsteller. Ein routiniertes Trio, dem man die Freude daran anmerkt, seine einstige gemeinsame Graumann-Vergangenheit ausgelassen aufleben zu lassen. Die ganz in grau gehaltene, schlicht-schöne Bühnen-Deko (Monika Rovan) mag als hintergründige Reverenz gedeutet werden.
Daß die zweite Hälfte des Abends – zur Gänze „Hamlet“ gewidmet -vergleichsweise straight und mätzchenfrei daherkommt, ist wohl die Folge der dem Vernehmen nach nicht ganz konfliktfreien Zusammenarbeit mit Regisseur Hakon Hirzenberger: nach der abwechslungsreich adaptierten ersten Hälfte eine etwas unbefriedigender Kompromiss – sehr nah an der reduced-Vorlage. Zu selbstauferlegten Tempolimits entwickeln sich auch die allzu ausufernden Publikums-Partizipationen. Was soll’s. Der lautstarken Begeisterung des Premierenpublikums tat das keinen Abbruch. In der Pause gab es ja Freibier: „Shakes-Beer“. Das ist lustig.
0 comments on Let’s shake!