Heldenhaftes Rollenspiel
„Mir sogt Feng-Shui goa nix. Mir genügt a Voiks-Schui.“
kabarett.at 11/2008
Seit 25 Jahren steht Helmut Schleich bereits auf den Kleinkunstbrettern. 15 Jahre lang war er Mitglied vom Trio „Fernrohr“, seit 10 Jahren spielt er erfolgreich Soloprogramme. Und seine größte Stärke war es immer schon, bayerische Promis zu persiflieren und bayerische Typen präzise zu karikieren. Wobei Überzeichnungen oft gar nicht nötig sind. Die von ihm im Scheinwerferlicht entlarvten Charaktere gibt es gewiss ganz genau so, wie Schleich sie vorführt. In Summe verdichten sie sich aber in „Der allerletzte Held“ (Regie: Rainer Pause) zu einem urbayerischen, schrägen „House of Horror“: Eine Ansammlung teils aberwitziger, teils beängstigender Spaß- und Schreckgestalten.
Sehr zupass kommt ihm bei seinem ausdrucksstarken, originellen Rollenspiel – nicht nur bei der Verkörperung von gesichtsfleischigen Schwergewichten, wie Franz-Josef Strauß oder Ottfried Fischer – sein zu beachtlichen Zerknautschungen fähiges Antlitz. Ob als selbstgefälliger greiser Gesangslehrer von Johannes Heesters und Marika Rökk, ein von Heiligenerscheinungen verfolgter katholischer Fanatiker, als chinesischer Feng-Shui-Kontrolleur, pragmatischer Helden-Denkmal-Steinmetz, gut genährter Hungerkünstler, masochistischer Wallfahrer oder als eine unter Sprechdurchfall leidende Do-it-yourself-Hausfrau.
Als roter Faden dient Schleich die Suche nach wahren Helden. Denn seine Hauptfigur „Hartmut Schlauch“ ist Helden-Sammler. Virtuell. Er sammelt sie nur in seinem Kopf. Und stets beschäftigt ihn die Frage, was einen Helden eigentlich ausmacht. Tragische Helden und heimliche Helden. Helden von damals und Helden von heute. Zumeist sind es ja individuelle Perspektiven und historische Umstände, die ihre Helden hervorbringen. Und dann gibt es ja auch noch den hart am Übermut angesiedelten Heldenmut, mit dem sich so manche Helden-Anwärter vorzeitig aus dem Rennen nehmen. Eigentlich sind es nämlich die Feiglinge, die in der Evolution das Sagen haben, konstatiert Schleich am Ende. Und wie sagte schon Will Rogers so schön: „Wir können nicht alle Helden sein. Irgendeiner muss ja am Gehsteig stehen und klatschen, wenn sie vorüber schreiten.“
Auf seiner stilistischen Gratwanderung zwischen Klamauk und böser Satire, Stammtisch-Deftigkeit und Originalität, polternder Heftigkeit und pointierter Ironie hat Schleich auf Dauer doch eine spürbare Schlagseite : So manche mögliche Nuancen und anklingende Zwischentöne fallen seiner publikumswirksamen Plakativität zum Opfer. So sterben sie denn auch sie einen Heldentod – und können zumindest posthum gewürdigt werden. Was hiermit geschehen wäre.
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