So glücklich, wie blöde Hunde
Der Kaiser und sein Hektiker: Eine professionelle Nabelschau auf hohem Niveau. Zwei „Trottelviecher“ reiten Attacken mit gestreckten Waffen. Powered by Zorn
kabarett.at 10/2008
Nein, noble Bescheidenheit ist nicht ihr Ding. Da können die beiden Freunde Ropschi und Flotschi in ihrem ersten gemeinsamen Programm noch so viele selbstironische, doppelte Böden einziehen, sie landen doch immer wieder aufrecht und etwas selbstgefällig auf dem Fundament ihrer TV- und Bühnen-Prominenz. Nie ziehen sie sich gegenseitig wirklich nachhaltig durch den Dreck. Gelegentlich ein wenig Spott und Hohn, da und dort ein kurze kokette Selbstgeißelung oder ein kleines Outing, aber nie in der Schärfe, mit der sie bei ihren Rundumschlägen Kollegen, Politiker und andere Promis zur Sau machen. Ist auch verständlich. Die beiden mögen ja nicht nur einander, sondern auch sich selbst. Wer kann es den beiden erfolgreichen Entertainern verdenken ?
Allein schon die Tatsache, dass sie ein ganzes Programm über sich selbst und ihre Rolle im Medien- und Satire-Business machen, spricht stolze Bände. „Das ist hier kein Programm, sondern ein Event“, dämmt Scheuba schon bald nach Beginn die Erwartungshaltungen ein. Stimmt. Einerseits. Andererseits steckt natürlich auch viel Interessantes, Gescheites und nicht zuletzt Unterhaltsames in der Herz- und Hirn-Spiegelung des „Echt fett“-Kaisers und des „Die4Da“-Hektikers. Und es gibt ja durchaus Verwerflicheres, als eine satirische Selbstanalyse. So gesehen ist „Männer fürs Grobe“ eine professionelle und originelle Nabelschau auf hohem Niveau. Ob dieser außerhalb der „Szene“ Breitenwirksamkeit zuteil werden wird, bleibt indes abzuwarten.
Als Triebfeder für ihre satirischen Attacken orten sie schon bald ihren ohnmächtigen Zorn. Vor allem Zorn auf die billige Art und Weise, mit der man von Medien und Mächtigen in diesem Land immer wieder für dumm verkauft wird. Und Zorn muss raus. Denn in ihrem Fall ist es ja der Zorn der Gerechten. Aber ist Zorn nicht eine Todsünde ? Kann nicht sein, denn das Alte Testament ist randvoll mit göttlichen Zornattacken. Und Gott selbst schrammt da ständig ganz scharf am Irrsinn vorbei. Zumindest wenn man Palfraders großartiger Verkörperung des Allmächtigen Glauben schenken möchte. Eine der besten Szenen des Programms.
Scheuba und Palfrader hätten es sich auch viel leichter machen können. Unerheblichkeiten auf heimischen Kabarettbühnen fallen ja fast nicht mehr auf. Schon gar nicht, wenn der Bekanntheitsgrad der Protagonisten die Inhalte gnädig zudeckt. Nicht so in diesem Fall. Die beiden haben sich für ihr Duo-Debut schon eine Menge angetan. An Abwechslung mangelt es nicht. Trotzdem gab es enttäuschte und verärgerte Reaktionen nach der Premiere. Denn natürlich hätten die Zwei auch das Zeug dazu, ein Programm zu schaffen, das über eine intensive Selbst-Reflexion hinausgeht. Eines, in dem nicht jede zweite Aussage dem ironisch wabernden Umfeld zum Opfer fällt. Wo ständig ein „Das meinen wir natürlich in Wahrheit ganz anders“ mitschwingt.
Erwartungsgemäß gut durchzogen ist das Programm der „Männer fürs Grobe“ (Regie: Rupert Henning) mit funktionellem Promi-Bashing. Austeilen können sie. Und sie landen damit vor allem beim Publikum Wirkungstreffer. Es wird gelacht. Aber kümmert’s Albert Fortell oder Hansi Hinterseer? Wohl kaum. Es muss für Florian Scheuba fast ein erhebendes Gefühl gewesen sein, seinerzeit von Fiona geklagt zu werden. Endlich mal ein Opfer, das sich die bösen Pointen zu Herzen nimmt. Und Politikern ist eh schon alles wurscht. Nur Verbrecher darf man sie nicht schimpfen. Höchstens mit Anführungszeichen.
Was kann Kabarett und Satire also heute noch bewirken? „Das einzige, was Kabarett wirklich verändern kann“, erkannte Josef Hader schon vor 15 Jahren, „ist, den Kabarettisten selbst.“ Und zu einer ähnlichen Conclusio – endlich Klartext! – gelangen auch Scheuba und Palfrader. In Wahrheit seien sie ja glücklich. Mit sich und ihrem Beruf. Glücklich, wie blöde Hunde hinter Gartenzäunen, die zufällige Passanten wild ankläffen, bis diese wieder verschwunden sind. „Trottelviecher“, die sich danach selbstzufrieden der Überzeugung hingeben, sie hätten einen potentiellen Eindringling mit ihrem Gebell vertrieben. Wuff.
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