Bitte recht freundlich
Hochzeitsanträge und Fallschirmsprünge mit Gattin und Gesang
kabarett.at 03/2007
Es gibt nicht viele Kabarettisten, die nach zwei Soloprogrammen bereits ein „Best of“ auf die Bühne bringen. Gerold Rudle macht so etwas. Aber weder aus Eitelkeit, Faulheit oder weil ihn ein künstlerischer Zwang dazu nötigt. Nein, er macht es aus purer Freundlichkeit. Lässt sich von hartnäckig bettelnden Veranstaltern dazu überreden. Und das Ergebnis ist dann eh super.
Von sich aus würde Gerold Rudle auch nie auf die Idee kommen, ein teilweise deckungsgleiches, zweites „Best of“ mit dem Titel „Streng vertraulich“ zu versehen und dem Publikum als „Special“ vorzusetzen. Einmal mehr ist dafür sein Entgegenkommen verantwortlich.
Eigentlich hatte er dem „stadtTheater Walfischgasse“ nämlich die Premiere des zu einem Ein-Personen-Stück dramatisierten satirischen Ratgebers „Der A-Quotient“ von Charles Lewinsky versprochen. Doch da kam ihm plötzlich „Mitten im Achten“ in die Quere. Die neue TV-Daily-Soap, die als Alternativprogramm zur ZiB ab 10. April im ORF zu sehen sein wird. Ein hochgradig arbeitsintensives Projekt. An die ernsthafte Erarbeitung des „A-Quotienten“ war infolgedessen nicht mehr zu denken. Aber die geplanten Termine einfach ausfallen zu lassen, wäre der stadtTheater-Prinzipalin Anita Ammersfeld gegenüber nicht fair und freundlich gewesen. Nein, das Theater hatte sich für sein Verständnis etwas Besonderes verdient. Mehr als „nur“ das bereits bekannte „Best of“. Und damit genug zur etwas komplizierten Vorgeschichte von „Streng vertraulich“.
Die auffälligsten Neuerungen : Seine Frau Jutta assistiert ihm in der zweiten Hälfte als Partnerin in einem „privaten“ Sketch. Und Gerold Rudle singt. Dabei hat er so viele bühnenwirksame Stärken. Das Singen zählt nicht dazu. Das weiß er in Wahrheit auch – aber er will halt unbedingt. Na, gut. Aber wenn schon, dann bitte so, dass der virtuos bediente Flügel (Roland Marageter vom „Hot Pants Road Club“) genau so in die hinteren Reihen verstärkt wird, wie Gerolds Stimme. Ihr zuliebe ! Sonst häufen sich die Momente, in denen man peinlich berührt abschweift, sich zwecks Ablenkung auf die an überdimensionale Créme-Brullée-Töpfchen erinnernde Deckenbeleuchtungen konzentriert oder versucht die Schriftzüge an den Theater-Seitenwänden zu ganzen Sätzen zusammenzupuzzlen.
Und die Auswahl der Songs ist auch … Geschmackssache: Sie reicht von Evergreens wie „Song, Song Blue“ über Bedeutungsschwangerschafts-Schmachtfetzen der Marke „Männersache“ (ausgerechnet Reinhard Fendrich!) bis hin zu Laith Al Deens Liebeslied „Sag mir, dass du es bist“. Alles sehr gefühlvoll. Einzig beim gnadenlos durch die Übersetzungsmaschine gejagten Paolo Conte kommt Stimmung auf.
Mit seinen sympathischen Conférencen und witzigen Anekdoten vermag Gerold Rudle natürlich auch in „Streng vertraulich“ wieder zu überzeugen. Und ganz besonders spaßig sind einmal mehr seine großartig gespielten Erinnerungen an seine Kindheit und Jugend, an seinen Hochzeitsantrag oder an seinen ersten und einzigen Fallschirmsprung. Unvergessliche und bestens bewährte Highlights aus seinen Soloprogrammen „Alles wird gut“ und „Streicheleinheiten“.
Mag sein, dass die Theater-Besucher in der Walfischgasse mit diesem Programm die kabarettistischen Qualitäten von Gerold Rudle erstmals kennen lernen. Ihnen sei aber gesagt: Rudle kann noch viel unterhaltsamer sein! So gesehen ist „Streng vertraulich“ ein Abend für Fans, Freunde, Verwandte – und eben für Frischgfangte. Das sollte sich doch für die noch ausständigen fünf Vorstellungen haarscharf ausgehen.
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