Menschenfressende Mohnweckerl
Falter 01/2023
„Anstatt mir ein Mobile übers Kinderbett zu hängen, haben mich meine Eltern tagelang nicht gewaschen, damit die Fliegen um meinen Kopf kreisen.“ Die Wiege des Johannes Potmesil (27) stand im nordöstlichsten Winkel des Weinviertels. Die Kindheit war schrecklich und die Familie ein Haufen Freaks. Sein diesen und allerlei anderen absonderlichen Angeblichkeiten geschuldetes Debüt „Die große Obstschau“ ist gespickt mit sprachlichen Spitzfindigkeiten, grotesken Miniaturen und unerwartet um die Ecke pointierten Bonmots: „Mein Vater war ein Choleriker, vor allem beim Autofahren. Ich hab bis zu meinem 12. Lebensjahr geglaubt, dass Autos von Schreien angetrieben werden.“
Geprägt ist das Solo vom trockenen Witz und – gelinde gesagt – unaufgeregten Vortragsstil des Newcomers. In aller Ruhe erzählt er von seinen Hobbies und Haustieren – „ein Hund bringt den Vorteil, dass man das Stöckchen dann nicht mehr selber holen muss“ – und von seinen Mängeln und Macken: „Ich habe den wiederkehrenden Alptraum, dass mich ein gigantisches Mohnweckerl auffrisst und ich den ganzen Tag zwischen seinen Zähnen hängen bleibe.“
Die zahllosen kurios-komischen Mosaiksteine fügen sich zu einem außergewöhnlichen und mit Ironie inszenierten Bild eines freundlichen aber verkorksten Charakters.
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