Trash trifft Nihilismus
Alf Poier ist komplett “Mitsubischi”
profil 11/2001
Daran, dass Alf Poier mit großer Sorgfalt und Liebe zu sinnlosen Detail skurrile Objekte bastelt, dass seine Witze keiner Qualitätskontrolle unterliegen („Was machen Menschen, die schon in der Früh speiben, mit dem angebrochenen Tag ?”) und dass ihm kein Wortspiel zu einfältig ist, als dass er ihm nicht eine Zeichnung widmen würde (Wal in Flaschenform: “Ein Wal-policella. Der ist immer betrunken.”), hat sich auch in seinem neuen Solo „Mitsubischi” nichts geändert. In hektischer Eile packt der Schelm zur ausgelassenen Freude des Publikums einen Schwachsinn nach dem anderen aus. Drohend hebt er eine Pfanne und hält uns statt eines Spiegels ein Spiegelei vor. Denn diese “versalzene Eierspeis” ist womöglich – in einer Parallelwelt – der Sinn des Lebens. Fest verankert in einer schweren Pfanne lassen sich damit bei uns alle Hoffnungen, Träume und Wünsche nachhaltig zerschlagen. Zeit wird’s, mache uns dieses üble Glücksräuber-Trio doch nur allzeit das Hier und Heute kaputt.
Alf Poier hat sich sein immenses Unwissen hart erlesen und erarbeitet, sagt er. Dieser Aufwand rechtfertige den Eintrittspreis, der ihm einen finanziellen Polster verschaffe. Den hat er natürlich auch gebastelt : ein Kissen mit aufgedrucktem Geldschein, auf dem er zwar beruhigt schlafen könne, aber schlecht träume.
Es ist diese offenherzige Demonstration einer vorsätzlichen Rückkehr zur Infantilität und die Aufrichtigkeit des entgeisternden Dorfdeppen, der die herrschenden Werte verspottet und sich damit selbst dem Gespött preisgibt, hinter denen Poiers Verzweiflung lauert: seine Erkenntnis, dass es keinen Sinn gibt, nach dem es sich zu suchen lohnt. Außer eben dieser Erkenntnis. Doch sogar er verfolgt ein Ziel: “Spätestens mit 40 nicht mehr denken.” Die einzige Erlösung.
In letzter Konsequenz könnten sich Poiers vermeintlich völlig unvernünftigen, absurd-komischen Abhandlungen über Ehrlichkeit, Moral, das Nichts und das Ein und Alles zu einer doch etwas bedenklichen Weltanschauung aus naturtrüber Bodenhaltung summieren. Dadurch aber, dass er seinen radikalen Nihilismus mittels einer im deutschsprachigen Raum einzigartigen, rasanten Trash-Performance von bodenloser Blödsinnigkeit demonstriert, nimmt er ihm die unmittelbare Schärfe. Ein verstörender Nachgeschmack bleibt. Aber vielleicht ist ja alles auch nur Spass.
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