Muschi Gracias
Pimp my Reisebericht: Erlebnisse vom Jakobsweg als Comedy-Programm.
kabarett.at 01/2009
Die Absicht ist klar und die Motivation eine nachvollziehbare : Wie mache ich aus einem anekdotisch-amüsanten und teils nachdenklichen Reisebericht mit Dia-Show ein Solo-Programm, das sich rechtmäßig mit dem zugkräftigen Etikett „Comedy“ schmücken lässt ? In Zusammenarbeit mit Regisseur, Freund und Hektiker-Kollege Werner Sobotka versucht sich Fifi Pissecker an diesem Spagat. Doch ganz bis auf den Boden kommt er dabei nicht hinunter. Schlussendlich ist es ein anekdotisch-amüsanter und teils nachdenklicher Reisebericht mit Dia-Show – und mit einer eingestreuten Handvoll deplatziert wirkender Comedy-Sketches.
Seine Erzählungen über die 732 Kilometer weite Pilger-Wanderung von Pamplona bis Santiago de Compostela, die Fifi Pissecker im vergangenen Frühjahr zwecks Selbstfindung bewältigt hat, sind – wie der Brite sagen würde – „page-turner“. Denn er versteht es, pointiert und spannend zu berichten. Und zwischenzeitlich auch hintergründig und ehrlich berührend. Die projizierten Fotos dienen dabei unaufdringlich der atmosphärischen Illustration, bieten aber auch die Kulisse für kurze nachgespielte Szenen – und sind zum Teil schlicht eigenständig aberwitzig. Originell kommentierte kuriose Fundstücke und Eindrücke am Pilgerwegesrand. So kann man sich einen Reisebericht gefallen lassen !
Die eigens für die Auflockerung dieses Programms geschriebenen Sketche fallen indes in zwei Kategorien. Wenn er – beispielsweise – ausgehend von einem Foto eines Beichtstuhls mit Telefon ein fiktives – no, na – Ferngespräch mit Gott führt, fügt sich dieser kabarettistische Abstecher nahtlos ins Programm ein. Das gleiche gilt für den Auftritt einer geistig verschwommenen Esoterik-Tante in Zusammenhang mit einem von Fifi Pissecker präsentierten Kartenspiel mit sagenhaften Lebensweisheiten für Jakobsweg-Pilger. Da wächst der Spaß unmittelbar aus dem Boden der Realität. Gut so.
Wenn dem Hektiker allerdings Wolfgang Ambros als Geisterpilger begegnet und statt vom „Schifoahn“ vom Pilgern singt oder ein schwuler Animateur das All-Inclusive-Pilger-Cluburlaub-Angebot präsentiert, dann ist das so konstruiert und konventionell, dass es in diesem Kontext schlicht schmerzt. Fehlt eigentlich nur noch der betrunkene Pilger-Herbergs-Bettnachbar. Und vielleicht eine Pilger-Sportreporter-Persiflage. Dafür beschert uns Pissecker einen turko-deutsch palavernden Pilger-Doping-Drogen-Dealer und einige anzügliche Wortspiele. „Muschi gracias.“
Fifi Pisseckers Message an sein Publikum lautet : „Gott wird dich dereinst nicht fragen, was du auf Erden gemacht hast – sondern, warum du so viel nicht gemacht hast.“ (Ein Satz, bei dem jeder bei Bedarf das Wort „Gott“ streichen oder ersetzen darf – dann geht er als universeller und gelegentlich ganz nützlicher Gedanke durch.) Bei der Erarbeitung seines Programms „Ich kenn Sie! Wer sind Sie?“ hat er ihn allerdings zu wörtlich genommen. Da stellt sich nämlich viel mehr die Frage, warum – in Gottes Namen – er so viel gemacht hat ? Weniger wäre mehr gewesen.
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