Hendlpudern mit Panflöten-Playback
Von der Zangengeburt bis zu Pubertätsproblemen : Reinhard Nowak lässt seine Kindheit Revue passieren.
kabarett.at 01/2010
Er solle seiner Mutter zum 70. Geburtstag doch einen Muff aus Nutria-Pelz schenken. Eine der wenigen originellen Ideen, die im Verlauf des Premieren-Abends in der Wiener „Kulisse“ zu hören waren. Warum sie lustig ist, ist allerdings weniger wichtig, als der bezeichnende Umstand, dass es sich dabei nicht um eine Pointe aus dem Programm, sondern um einen Zuruf aus dem Publikum handelte.
Vielleicht hatte sich Reinhard Nowak ja mit der ungeplanten Komik gleich zu Beginn des Abends die Unterhaltungs-Latte zu hoch gelegt. Da galt es für den Künstler nämlich, spontan mit dem Problem fertig zu werden, dass sein Funkmikro jede Körperbewegung mit einem lauten Knacksen kommentierte. Bis zur Behebung des Schadens ein kurzzeitiger Quell für authentische Slapstick-Einlagen. In der Rolle des verzweifelten Losers, dem das Schicksal übel mitspielt, war der Nowak schon immer am besten.
Dieser seiner Paraderolle zollt er dann – wie in all seinen bisherigen Programmen – auch in „Mama“ wieder Tribut. Nowak erzählt in erster Linie von seiner Kindheit und Jugend. Von der Zangengeburt bis zu ersten Pubertätsproblemen. Lange Jahre des vielfältigen Verzichts. Statt spannender Spielzeuge, altersgerechter Ausflugsziele und genießbarer Nahrung gab es für ihn alte Pappschachteln, Wandertage in den Wienerwald und Mamas beschränkte Kochkünste.
Letzteren verdankt er immerhin einen sehr heiteren Moment in seinem Programm : Nachdem ihn nämlich die übelkeitserregende Erinnerung an die häusliche Zubereitung von Hirn mit Ei zu lautstark würgender Zweckentfremdung des Löschkübels in der Garderobe veranlasst hat, kommt er sichtlich gezeichnet wieder auf die Bühne – und setzt seine Erzählung erst nach der teilnahmsvollen Frage ans Publikum „Geht’s wieder ?“ fort. Das ist witzig !
In Summe aber ist „Mama“ eine wenig stimmige Mischung aus weitgehend unersprießlichen Reminiszenzen, seichten Anekdoten und einigen teilweise allzu erzwungenen Abschweifungen. Explizit illustrierte, anlasslose Ausflüge in die Welt der Sodomie, beispielsweise, bedürfen schon eines recht trittfesten doppelten Bodens als Existenzberechtigung auf einer Kleinkunstbühne.
Der gar nicht einmal von vorne herein zum Scheitern verurteilte Versuch, allerlei Banalitäten und Belanglosigkeiten zu einem unterhaltsamen Abend zu kombinieren, mündet in diesem Fall in eine enttäuschende Spaßeffekthascherei, in deren Umfeld selbst eine wohl als harmlose Blödel-Einlage geplante Panflöten-Playback-Nummer peinlich wirkt.
Einigen Besuchern ging es jedenfalls nach der Vorstellung ähnlich, wie Reinhard Nowak in einem zusammenhanglosen Auszucker über das Sortiment einer Bäckerei ein paar Minuten zuvor : Es fehlten ihnen eindeutig die Rosinen im Striezel. Oder – um es doch noch etwas angemessen deutlicher zu formulieren : Wie kann es passieren, wenn erfahrene Künstler, wie Reinhard Nowak und Leo Bauer (Regie) zusammenarbeiten, dass so ein halbschüriges Stück auf die Bühne kommt ? Zum Muttertag sei jedenfalls dringend der gleichnamig Film empfohlen.
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