Trauriger Trash mit letzter Konsequenz
Der Standard /2001
Reinhard Nowak verkörpert in seinem neuen Soloprogramm einen unsympathischen Alleinunterhalter, der obendrein nicht lustig ist. So weit, so gut. Und als Basis für ein Soloprogramm eine saftige Herausforderung. Die Idee, die gaudimaximale Fassade eines chauvinistischen Widerlings langsam abbröckeln zu lassen, um das noch widerlichere Elend in den Abgründen dahinter sichtbar zu machen, ist im Kabarett nicht neu. Für Nowak allerdings schon. Wer hätte gedacht, dass dieser auf “liebenswerter Loser” abonnierte Typ einmal eine Figur spielt, für die zu keinem Zeitpunkt auch nur ein Funken Mitleid aufkeimt. Damit beraubt sich Nowak seines bewährten Rettungsankers in der Not, auch weniger gelungene Programme über die Runden zu bringen. Und das mit vorsätzlicher Selbstverachtung, die in gewisser Hinsicht Respekt abnötigt : vom ersten Eindruck bis zum letzten Scheitern ein Bild des Jammers.
In einem betont peinlichen Glitzer-Outfit bemüht sich sein Fritzel singend, scherzend und spielend mit aller Gewalt um Gaudi im vermeintlichen Bierzelt. Doch wo andernorts im Kabarett gerade die schlechtesten Witze mit trash-seliger Heiterkeit quittiert werden, verkommen sie im erbärmlichen Kontext des Fidelen zu dem, was sie sind : schlechte Witze. Das ist zwar nicht sonderlich unterhaltsam, aber immerhin wohltuend wahrhaftig.
Dass Nowak allerdings bei der Posierung als Profi-Entertainer von Anfang an aus der schleimigen Rolle fällt, ist denn doch des Schlechten zuviel. Aber was bleibt ihm anderes übrig, will er des Fritzels kretinösen, privaten Kern und die unpassenderen seiner Show-Einlagen nicht samt und sonders in die zweite Auftritts-Hälfte verbannen, in der der Alkohol als Legitimation für jede Entgleisung herhält. Wobei das, was die zunehmend enthemmte Entblätterung an wirren Verzweiflungen zutage fördert, zwar nicht wirklich der Rede wert ist, aber stellenweise an Kabarett erinnert.
Das Ergebnis ist die Inszenierung vieler unmotivierter Momente, die es festzuhalten eigentlich nicht lohnt. Trauriger Trash mit letzter Konsequenz. Bleibt nur noch die erstaunliche Feststellung, dass es Nowak – vor allem mittels einiger dankbarer Publikums-Interaktionen – gelingt, sein mißratenes Programm halbwegs kurzweilig über die Bühne zu bringen. Und das ist in rückblickendem Anbetracht des Gebotenen fast ein Wunder, vielleicht eine kleine Kunst.
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