Solo im Simpl
Michael Niavarani öffnet seinen Kühlschrank.
profil 12/2002
Ruf und Tradition sind des “Simpls” Kapital und Korsett zugleich. Letzteres zeitgemäß zu dehnen, macht sich Michael Niavarani als künstlerischer Leiter seit 1993 zur alljährlichen Aufgabe. Von der einst oft seichten Sketchparade hin zu einem frecheren Kabarett. Und das mittels einer wirksamen Verjüngungskur von innen, ohne entstellendes Lifting oder halbherzige Kosmetik.
Auch in “Niavaranis Kühlschrank”, seiner Frischhaltebox für Erinnerungen und Emotionen, faulen kaum Kompromisse. Im Gegenteil. Er sorgt für den kühlen Kopf, wenn es darum geht, dem mehrheitlich zwecks mühelosem Entertainment anreisenden “Simpl”-Klientel mit bewährten Bonmots breitenwirksam entgegenzukommen, ohne dabei ernste Haltungsschäden zu riskieren. Nicht einmal, wenn er sich gelegentlich nach etwas tieferen oder zutiefst menschlichen Schubladen der Witzkiste bückt. Dank seiner großen komödiantischen Beweglichkeit und seines Gespürs für gewitztes Gschichtldrucken ist sein Solo-Debut ein spaßiger, stellenweise bissiger und durchwegs beherzter Tanz um die gefährliche Gefälligkeits-Falle. Seine Erfahrungen mit gemeinen Fruchtfliegen, Alltagsdepressionen, freiheitlichen Faschingsbräuchen oder amerikanischen Terrorbekämpfungsmethoden haben in seinem Kühlschrank ebenso ungezwungen Platz, wie eine humoristische Analyse des Orients oder gar ein persisches Liebeslied. Alles kein Kabarett, warnt er zu Beginn, sondern a) ein unsinniger und b) ein sehr persönlicher Abend : “Weil ich alles selbst erfunden habe”. Gut so.
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