Formatfüllend profillos
Der Standard 01/2001
Der Reporter des “Courier” tarnt seine Fadesse mit dem Deckmäntelchen der Seriösität. Jener von “Daily Everything” entwirft die deftigsten Schlagzeilen – die aber Abonennten nur noch am Telephon vorgelesen wird. Der Berichterstatter der “New Free Press” ist ein selbstgefälliger, erzkonservativer Lohnschreiber und der windige Mr. Wilson werkt für ein Blatt namens “Crown”, in dem der Chef persönlich die Leserbriefe türkt.
Wir würden es nicht verschweigen, bekäme auch der “Standard” sein Fett ab. Aber der spielt in der Neufassung des Komödien-Klassikers “The front page”, das am Samstag im “Theater im Zentrum” unter dem Titel “News” seine Premiere erlebte, keine Rolle. “News” dafür natürlich umso mehr: Hildy Johnson (etwas ungelenk : Florian Scheuba) und Walter Burns (etwas unverständlich: Thomas Maurer) verkörpern als Vertreter der “Chicago News” jene Gattung skrupelloser Sensations-Journalisten, die für Einfluss und Auflage gegebenenfalls auch über noch ungehenkte Leichen gehen.
Die Handlung – eine geplante Hinrichtung, die von der Regierungs-Partei für ihre Zwecke missbraucht wird – bietet Thomas Gratzer (Regie) und den “zwei echten Österreichern” eine Fülle von Aufhängern für aktuelle Zitate und Anspielungen. Vor allem, wenn es darum geht, Scheriff “Humpi” (Klaus Rott) besonders blöd aussehen zu lassen.
Satirisch-analytische Tiefsinnigkeiten waren bei diesem Projekt keine zu erwarten. Der Boulevard spielt sich zwangsläufig an der Oberfläche ab.
Dass “News” phasenweise einen etwas leblosen Eindruck macht, liegt in erster Linie an der flachformatfüllenden, aber profillosen Zweidimensionalität einiger Handelnder. Neben Johannes Kaiser (als Reporter der “New Free Press” und als rechtspopulistischer Bürgermeister) und Klaus Rott gelingt es nur noch Reinhold Moritz, seinen Rollen ein wenig Charakter und Komik zu verleihen. Die Reporter und die beiden sträflich gewöhnlichen, weiblichen Randerscheinungen bleiben klischeebeladene Transportmittel für viele Worte.
Fazit: ein pointenreiches Stück, das genau so auch den Spielplan jeder x-beliebigen Komödien-Bühne bereichern könnte. Theater für die Jugend ab 13 ? Mitnichten. Die meisten erwachsenen Lacher bedürfen selbst bei einem politisch interessierten und medial vorbelasteten Zielgruppenelement Erläuterungen. Adäquater Humor ist Mangelware. Schade um die vergebene Gelegenheit.
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