Wo der Müller den Most holt
Der Standard 09/1999
Einem, dem es einfällt, die “Wander-Stiefi vom Schtevie Wonder” zu besingen oder Kärntner “Komantschniggs” an “Biffeln kifln” zu lassen, wird es auch in Hinkunft nicht erspart bleiben, seinen Namen in einem Atemzug mit der Berufsbeschreibung “Wortspieler” zu hören. Die Sprachlandschaft, aus der der Müller den Most holt, steht auch weiterhin in voller Blüte. Auch, wenn sich im “Jackpot” da und dort eine recht übers Knie gezwungene Kuriosität breit macht.
Unverändert aber ein strapazierfähiges Fundament, auf dem sich in Ludwig Müllers viertem Solo-Programm (bis 14.9. im Kabarett Niedermair) nebst einer erklecklichen Anzahl Lieder unterschiedlicher Güteklassen vor allem jede Menge phantastisch versponnener, pseudowissenschaftlicher Kapriolen einfinden : Beethoven war in Wirklichkeit ein Düringer, der sich seinen Flügel tiefer legen ließ, Eisenstadt bereitet sich mit elementarem Eifer auf die Austragung einer Ski-WM vor – “Laut Statistik gibt es im Burgenland pro Kopf einen Einwohner” – und die Philosophen unter den Yetis streiten noch heute, ob ihre Blindheit, die sie – inmitten ihres ewig verschneiten Verbreitungsgebiets – alles weiß sehen läßt, nun im Wesentlichen bedeutet, daß “Sehen und Nicht-Sehen Eins ist” oder es “eh wurscht ist, weil man sich im Tiefschnee doch nirgends anhauen kann.”
Doch der Nonsense ist eine hohe Kunst, die besonders gut gewogen sein will. Schwedische Möbel-Mythologie oder eine zu Mario Puzzo umoperierte Eferdinger Hausfrau Maria Putz sind schlicht Spreu, die die gelungenen Grotesken bisweilen ihrer Wirkung beraubt.
Ludwig Müller verzichtet auf eine durchgehende Dramaturgie, in die sich seine hübschen und handwerklich hochachtungsgebietenden Hirngespinste als effektvoll einbetten ließen. Das verleiht dem “Jackpot” eine gewisse Vorhersehbar- und Beliebigkeit, die er in Anbetracht seiner Ingredienzen eigentlich nicht verdient hat.
0 comments on Wo der Müller den Most holt