Kate Moss im Speisewagen
kabarett.at 10/2007
In Sachen Mode kann man als Unbeleckter leicht in Fettnäpfchen treten. Darum sei vorweg geschickt : kann schon sein, dass das eine edle Designer-Panier aus teurem Tuch ist, die Ludwig Müller da ins Scheinwerferlicht zwingt – aber potthässlich ist sie trotzdem: in in wirklich schlimmem Diarrhoe-Grün gehaltener Anzug kombiniert mit einer goldschillernden Krawatte. Nein, das kann nur Vorsatz sein, dass diese Schale wirkt, als habe er sie einer Humana-Box entwendet und brav aufgebügelt. Schließlich ist Ludwig Müller pleite. Mehr als das. Er ist so komplett abgebrannt, dass er „zum ersten Mal im Leben weiß, was die Streichwurst beim Hofer kostet“.
Schonungslos widmet sich Müller in seinem ca. zehnten Solo-Programm dem „letzten Tabu“ unserer Gesellschaft: dem Geld. Oder besser: dem Reden übers Geld. Ein roter Faden, an dem sich sein wie immer absurd-amüsantes Allerlei unangestrengt aufhängen lässt. Da geht es um die Verrohung der zwischenmenschlichen Kommunikation, um die Entwicklung vom Radikal-Sponti zum spießigen Doppelhaushälften-Eigentümer – und um einen Wirt, bei dem das Schnitzel das einzige ist, was über den Tellerrand schaut.
Apropos Ernährung: Erst selten ward das in Speisewägen stets gleich unattraktiv aussehende Paprikahendl – ein mageres Haxerl in einem rötlichen Gatsch – so treffend beschrieben, wie von Ludwig Müller : „Als hätte sich Kate Moss aus dem 7. Stock obeghaut.“
Halbwegs unauffällig in Programm hinein verwoben sind u.a. eine etwas langatmige Sanatoriums-Soap, ein Quatsch-Comedy-Auftritt von Vladimir Putin und ein finanzpädagogisch wertvolles Gute-Nacht-Märchen. Erwartungsgemäß gut gespickt ist das Ganze mit dem für Müller so typischen Wortwitz, bewährten Dialekt-Parodien und immer wieder überraschenden Abzweigern in Richtung Nonsens. Fazit: „Total brachial“ ist vielleicht nur ein kleiner Schritt für die Menschheit, but a giant leap for Ludwig Müller.
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