Safari ohne Risiko
Michael Mittermeier: „Ich weiß, wo Dein Haus wohnt.“
kabarett.at 07/2008
Seit 20 Jahren steht er jetzt auf den Kabarett- und Comedy-Bühnen. Der einstmalige Allein-Importeur und prägende Pionier des Genres Stand-up-Comedy im deutschsprachigen Raum. Michael Mittermeier hat die Routine im kleinen Finger – und beherrscht mit den anderen die Tastatur des massentauglichen Entertainments, wie kaum ein Anderer. Und das in Wort und Körpersprache. Respekt.
Sein aktuelles Solo heißt „Safari“ und ist laut Selbstbeschreibung ein „Ausflug in die Urwälder der Heimat und die Heimat der Urwälder“. Aber sagen wir mal so : wer von Fußball und dem – von Mittermeier bereits bei früheren Gastspielen wahrlich zur Genüge nach verwitzbarem Material ausgeweideten – ach so spannungsgeladenen Verhältnis zwischen Österreichern und Deutschen die Nase voll hat, muss sich im Zuge der „Safari“ auf einige längere Durststrecken gefasst machen.
Da purzeln die Pointen nur so aus seinem Ärmel. Darunter einige kaum noch funktionstüchtige Gebraucht-Gags, aber natürlich auch viele fabriksneue. Keine Frage, auf seine Auftritte in Wien kurz nach der „Euro 08“ hat sich der Profi bestens vorbereitet. Da ist er dann ganz der Mittermeier, wie man ihn aus dem Fernsehen kennt. Zu jedem aktuellen Anlass ein Anekdötchen und zu jedem Stichwort eine punch-line parat. Ein Jongleur, der sich virtuos mit den hunderten Bausteinen in seinem Programm-Baukasten spielt. Zweifellos die hohe Kunst der Stand-up-Popcorn-Comedy.
Und eh nicht ungescheit. Da zitiert er auch schon mal „den österreichischen Kabarettisten“ Jura Soyfer – „Kennst du den? Wo spielt der?“ fragt ein Herr in der Reihe vor mir seine Begleiterin … – oder analysiert die drei Säulen des Wiener Wesens: „Selbstzerstörung, Depression und Größenwahn“. Gut möglich allerdings, dass das in Berlin und Zürich genau so gut kommt.
Es sind aber stets die als fixe „Safari“-Programmpunkte erkennbaren Passagen, in denen seine wirkliche Klasse aufblitzt. Diese mehr oder weniger privaten Erzählungen abseits aller Aktualitäten gelingen ihm am witzigsten. Über seine Frau beispielsweise, von der er gelegentlich ein „Mittermeier, halts Maul !“ zu hören bekommt, obwohl er gar nichts gesagt hat. Noch nicht. Weil sie schon genau weiß, in welchen Situationen sich bei ihm überflüssige Kommentare zusammenbrauen.
Mittermeier nutzt seinen Verstand und seinen weiten Horizont also nicht nur dazu, auch weniger Intelligentes so originell zu verpacken und treffsicher zu formulieren, dass es bisweilen noch halbwegs anspruchsvoll wirkt. In „Safari“ – wie auch schon in „Paranoid“ – webt er auch seine politischen Anliegen und Überzeugungen punktuell in seinen Monolog ein.
Ein Leitmotiv in „Safari“ ist der Klimaschutz. Und der Umgang Europas mit Afrika. Da macht denn der Spaß auch gelegentlich ganz kurze Erholungspausen. Trockene Zäsuren im Dauergagfeuerwerk. Aber dann wieder rasch ein wenig billige Angela-Merkel-Verhöhnung oder ein paar ganz offen als niveaulos klassifizierte Scherze mit „pudern“ und „poppen“, um der fröhlichen Stimmung nur ja keinen Abbruch zu tun. Dabei hätte es ein Mittermeier gar nicht nötig, in allen Schubladen zuhause zu sein, um breitenwirksam zu bleiben. Nicht jemand, dem es einfällt, sich mit dem Taucher-Handzeichen für „Achtung Hai“ mitten im afrikanischen Busch vor einem angreifenden Löwen schützen zu wollen. Eindrucksvoller lassen sich die hilflosen Reaktionen der Entscheidungsträger unserer Erde auf die Bedrohungen und Herausforderungen der Zukunft kaum karikieren.
Womöglich zu Unrecht bleibt aber am Ende das etwas gelangweilte Gefühl, dass er es sich selbst – und seinem Publikum – mit seinen ständigen Quatsch-Comedy-Sidesteps auf die sichere Seite etwas zu leicht macht. So bleibt nur die hoffnungsvolle Vorfreude darauf, dass er seinen Scharfsinn und seine komischen Talente vielleicht beim nächsten Mal in die Dienste eines mutigeren, dramaturgisch konsequent durchkomponierten Programms stellt.
Die völlig überflüssige Zugabe-Fragerunde – „Wollt Ihr noch was von mir wissen ?“ – gerät dann zwangsläufig zu einer machtvollen und peinlich berührenden Demonstration der Kluft zwischen der Mittermeier-Stammkundschaft und dem Künstler. Viel mehr, als ein „Bam, Oida“ bekommt er nicht zu hören. Aber vielleicht hat er ja – bevor er sich wieder „back to life“ begibt – genau diese spürbare Distanzierung dringend nötig.
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