Ostbahn-Kurtisanes kleines Glück
Der Standard 07/2000
Ein lauer Sommerabend unter schattenspendenden, altehrwürdige Kastanien im hinterhöflich hölzernen Ambiente des Metropols – und ein wenig Spaß von der historischen Pawlatschenbühne : Wienerherz, was willst du mehr ? Doch das mit dem lauen Sommerabend ist derzeit ziemlich Essig. Und was das bisschen Spaß betrifft, na ja.
Über den Plot von “Ein Ottakringer in Hernals” sei der Mantel des Schweigens gebreitet. Nicht etwa, um die Spannung zu erhalten, sondern gnadenhalber : eine mit rissigen roten Fäden zusammengeflickte Nummern-Revue, die der Eigendefinition “Reality-Soap-Operette” immerhin dadurch gerecht wird, dass sie immer wieder von – wenigstens teilweise ganz witzigen – Werbeeinschaltungen unterbrochen wird und die Wirklichkeit ja auch nicht immer lustig ist. Selbst die nach jeder Folge eingespielten Fragen nach dem “Wie wird es wohl weitergehen” klingen so, als gäbe es kaum etwas langweiligeres, als die Antworten darauf.
Wenn die Lebensfreude Pause macht, werden Strohhalme zu Rettungsankern : Zum Beispiel die von Manfred Chromy mit hirschalligem Vorstadt-Schmelz vorgetragenen Wienerlieder. Dafür bekommt die “Hernalser Antwort auf den Ostbahn-Kurti” am Ende auch seine “Ostbahn-Kurtisane”. Halbwegs gute Figur inmitten des zumeist vergeblich um Outrage bemühten, trostlosen Treibens machen auch noch Robert Hollmann als neurotischer Beamter, Waltraud Österreicher als Lizzy Engstler und eine zu einem multifunktionalen Bühnenbild umgearbeitete Litfaßsäule. Markus Ch. Oezelt und Helmuth K. Vavra, die zusammen mit Peter Ahorner mutig für das Buch verantwortlich zeichnen, beschränken sich in ihren besten Momenten darauf, ihre dem eigenen “Heilbutt & Rosen”-Repertoire entnommenen Paraderollen als dämliche Polizisten und arrogante Ärzte um einige Kalauer zu erweitern. Am Premierenabend spielte wenigstens das Wetter noch brav mit. Derzeit wird “Ein Ottakringer in Hernals” in zumindest architektonisch überdachter Version im Metropoldi ausgeschenkt.
Als Titellied fungiert übrigens eine umgetextete Version des Sting-Songs “An Englishman in New York”: “I brauch Ferien von Hernois”. Wos haßt!
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