Buddy-Operette mit Kellnerwitz
Leo Lukas und Thomas Maurer: „Servus Hong Kong“
Der Standard 1993/03
„Die frühen Vierziger: Goldene Jahre für die deutsche Unterhaltungskunst. Lieder, die noch eine Melodie haben, mit Texten, die sich noch reimen, in einer Umwelt, die noch heil ist.“
Das Heil ist wiederauferstanden. Die Operette „Servus Hong Kong“, das erste gemeinsame Werk der beiden Kabarettisten Leo Lukas und Thomas Maurer, knüpft nahtlos an die inhaltliche Infantilität und musikalische Mindestanforderung der klassischen Vorbilder an.
Überdies bietet sie Gelegenheit zur Aufführung betont einfältiger Couplets (für Marika Rökk), und Gaudimax-ähnlicher Witzparaden (für das Publikum). Dass sich das Libretto überdies allen Regeln der Kontinuität von Raum und Zeit widersetzt, beweist das Traditionsbewusstsein der Autoren und ermöglicht die überraschendsten thematischen Haken und Sprünge.
Eingewoben ist die Entstehungsgeschichte dieses grotesken und nur fragmentarisch zur Aufführung gelangenden Singspiels in eine Rahmenhandlung im beschwingten Buddy-Movie-Stil: Fred von Papen (Musik) und Hans Hablik (Text), zwei langjährige Freunde, suchen und finden – trotz trister Zeitumstände – Lebensglück und happy end in der selbstgeschaffenen Kunst.
Eine runde Sache, dem sich neben dem humoristischen Kunstgenuss auch noch andere unterhaltsame Seiten abgewinnen lassen. Zum Beispiel die haarsträubenden Frisuren der beiden Akteure. Oder – für Feinsinnigere – das unterhaltsame Quiz: „Woher kenne ich die Melodie ?“ Denn im Selbstbedienungsladen für Ohrwürmer kennt das Duo Lukas/Maurer keine Skrupel. Doch bei solch musikalischer Delikatesse ist jeder Diebstahl ein wahres Kavaliersdelikt, jede Anleihe eine Hommage. Das Suchspiel für Kabarett-Kenner schließlich wird eröffnet, wenn Passagen aus „Indien“ (Dorfer/Hader) persifliert werden („Jeder Gast ein Trottel“), oder Kollegen mit Seitenhiebe bedacht werden („Der Püttlingen ? Ist das nicht der, der immer Max Schmelings ‚Ja das stimmt‘ parodiert ?“).
Lukas und Maurer – als berufene und berufsmäßige Überzeichner – haben in der Regie von Petra Dobetsberger der Operette mit „Servus Hong Kong“ die ultimative Krone aufgesetzt, indem sie eine Kunstgattung, deren Wurzel ursprünglich in der Parodie auf die ernste Oper lag, auf ihre beneidenswert anspruchslose Heiterkeit reduziert haben – unter besonders liebevoller Berücksichtigung der genre-immanenten Gefahren namens Plagiat und Peinlichkeit.
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