Zurück in die Zukunft
maschek – „The Great Television Swindle“
Eine folgenschwere Zeitreise durch 50 Jahre Fernsehgeschichte.
kabarett.at / 24. April 2005
Waren die Live-Neu-Synchronisationen aktueller und altbekannter ORF-TV-Bilder in den bisherigen Programmen von “maschek.redt.drüber” ein zumeist bunt zusammengewürfeltes, abwechslungsreiches und (mit Ausnahme ihrer “Zeros-Show”) ziemlich fadenfreise Allerlei, hat sich das Trio für sein neues Programm eine gewitzte Rahmenhandlung ausgedacht. Peter Hörmanseder, Ulrich Salamun und Robert Stachel werden vom Bundeskanzler persönlich damit beauftragt, die letzten 50 Jahre Fernsehgeschichte schön zu färben. Schließlich fehlt der ÖVP zur flächendeckenden Einschwärzung des ORF nur noch die Vergangenheit.
Wer zahlt, schafft an. Also macht sich “maschek” ans Werk. Ohne sich der Gefahr bewusst zu sein, die derartige Manipulationen mit sich bringen. Besonders in einem Land, in dem das Fernsehen wirklichkeits-gestaltender ist, als umgekehrt.
Und so müssen sie schon bald erkennen, dass sich mit jedem Eingriff in die Geschichte auch die Gegenwart massiv verändert. Es gelingt ihnen beispielsweise, den grottenschlechten Diskutanten Josef Taus zum Sieger der legendären TV-Konfrontation mit Bruno Kreisky in den 70ern zu küren. Dadurch wird allerdings Fred Sinowatz zum unerbittlichen Oppositionschef und Retter der Hainburger Au. Und unser aktueller Bundeskanzler heißt plötzlich Michael Häupl. Womit “maschek” schlagartig ihr Auftrag- und Geldgeber abhanden gekommen wäre. Das darf nicht passieren. Also fuhrwerken sie weiter in der Vergangenheit herum und verursachen dabei einen irreperablen Flurschaden nach dem abdren. Es ist eben gar nicht so leicht, den Lauf der Geschichte so zu konstruieren, dass ausgerechnet ein Wolfgang Schüssel zum angesehenen Staatsoberhaupt wird. Dann schon eher DJ Ötzi oder Clown Habakuk …
Ohne große Rücksicht auf Lippen-Synchronizität – wir sind schließlich nicht bei Wenzel-Lüdecke, sondern bei “maschek” – gelingt den frechen Fernseh-Schwindlern mit ihren sympathisch unprätentiösen Neu-Interpretations-Streichen und akustischen Karikaturen ein hochgradig originelles Programm, das ein Höchstmaß an Genauigkeit und Sorgfalt erfordert. Und doch bleiben alle drei in der Präsentation stets locker und entspannt. Als würden sie ihre minutiös geplanten Nummern gerade lässig aus dem Ärmel schütteln. Virtuose Live-Synchronisationen als mediale Sondermüllentsorgung. Ganz schön cool. Und saukomisch.
Mit ihren angemessen respektlosen, satirischen oder skurrilen Neuvertonungen machen sie weder vor der Staatsvertragsunterzeichnung, noch vor “Am dam des” oder dem Ministerrat halt. Vizekanzler Gorbach, der im Gespräch mit Schüssel irgendwann beiläufig auf den Fahnenschmuck im Sitzungssaal deutet, legen sie beispielsweise die schönen Worte in den Mund : “Schau, Wolfgang, ich hab dir die Flaggen extra frisch aufgebügelt.” Trefflicher lässt sich unsere Regierung mit einem Satz kaum abhandeln.
Das zum Zwecke seiner satirischen Entlarvung verwendete, stellenweise geradezu atemberaubende Bildmaterial stammt wohl nur zum Teil aus den ORF-Archiven. Vieles haben “maschek” unverkennbar selbst gedreht. Ein Aufwand, der sich gelohnt hat, denn mit “The Great Television Swindle” untermauern “maschek” ihre Einzigartigkeit im deutschsprachigen Kabarett- und Kleinkunst-Sektor. Wir sind der Meinung, das ist Spitze. (pb)
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