Die Draht- und Fädenzieher
Künstler werden ist nicht schwer, sie zu managen aber sehr …
Kabarett-Kurier / 2. November 2002
Künstler sind schwierig. Kabarettisten sind schwieriger. Da gibt es Mimosen, Querulanten, Psycherln und Revoluzzer. Die meisten haben von Allem etwas. Die Aufzucht und Pflege dieser heiklen Gewächse erfordert eine besonnene Hand. Und um sie immer wieder zum Blühen zu bringen, bedarf es erfahrener Fachkräfte: Kabarett-Manager. Neben ihrer Hauptbeschäftigung als Strategen, Organisatoren und Koordinatoren müssen diese hinter den Kulissen auch noch oft als Psychologen, Prellböcke und Prügelknaben herhalten. Alles mit einem Ziel: ihren Künstlern die nötigen Freiräume zu verschaffen, in denen ihre humoristischen Künste gedeihen können. Und diese dann natürlich auch so gut zu vermarkten, dass beide davon leben können.
Wolfgang Preissl wollte eigentlich Sportreporter werden. Als Redakteur von “Ohne Maulkorb” lernte er Ende der 70‘er Lukas Resetarits kennen – und avancierte prompt zu dessen “Mädchen für Alles”. Im Lauf der Jahre wurde daraus jener Job, der heute Kabarett-Manager heißt. Preissl war somit der erste und jahrelang auch der einzige, der diesen Beruf in Österreich ausübte. Ein Vorreiter. Bei den Programmen von Resetarits fungiert er auch als unverzichtbarer künstlerischer Berater.
Mit seiner Agentur “know me” (www.knowme.at) kümmert sich der ruhige Szene-Doyen, der selbst, wenn er lacht, noch so wirkt, als bereite ihm irgendetwas Kopfzerbrechen, auch um den steirischen Althasen Leo Lukas und den schrägen Tiroler Parodisten Herbert Haider.
Berufliche Eigen-Definition: Agent, Vermittler, Sekretär, Lichtdouble, Kassier, Schummelzettelpräparator, Krankenschwester, Beichtvater, Arschloch und Freund.
Ich bin Kabarett-Manager geworden, weil es bis dahin soetwas in Österreich nicht gegeben hat und ich wollte ein Mal der Erste sein.
In Zukunft möchte ich mehr Kairos! [Nein, keine ägyptischen Hauptstädte ! Zum besseren Verständnis dieses Begriffs sollte ggf. ein Lexikon für Alt-Griechisch oder das neue Solo von Lukas Resetarits ”Zeit” zu Rate gezogen werden. Anm.d.Red.]
“Kabarett-Mafia” ist eine zwar gern verwendete, aber natürlich völlig unzutreffende Bezeichnung, wenn die Rede auf Erich Schindlecker und Georg Hoanzl kommt. Professioneller Erfolg ist schließlich nicht generell mit der Gründung einer kriminellen Vereinigung gleichzusetzen. Dass sie den heimischen Kabarett-Markt ganz gut im Griff haben und vor allem beim Vertrieb von Kabarett-Zweitverwertungs-Artikeln gut und gerne kooperieren, ist indes unbestritten. Schindlecker ist nicht nur Miteigentümer des “Orpheums”, seine vor 14 Jahren gegründete Agentur “E&A” (www.e-a.at) vermittelt und betreut u.a. Düringer, Dorfer, Gunkl, Maurer, Ludwig, Schmidinger und Händler. Ein reich bestückter Stall, den sich der 38-jährige “Schindi” da mit viel Engagement in Tulln aufgebaut hat.
Berufliche Eigen-Definition: Permanentes Bemühen um Anerkennung durch den Künstler. Langjährige Ehen sind durchaus vergleichbar, das bedeutet: nicht mit Komplimenten sparen, weise Strenge in Momenten, da sie angebracht ist, und auf keinen Fall den „Sex“ vergessen.
Ich bin Kabarett-Manager geworden, weil ich handwerklich zu ungeschickt bin Tischler oder Elektroinstallateur zu werden. Koch wäre eine Variante weil es viele Parallelen zu meinem Berufsstand gibt – zum Beispiel jene, mit dem verdorbenen Brei …
In Zukunft möchte ich frei nach Josef Hader: spät aufstehen und noch später sterben.
Fast alle übrigen Topstars der Kabarett-Szene sind bei Georg Hoanzl zuhause: u.a. Hader, Vitásek, Steinhauer, “Stermann & Grissemann”,, “Hackl & Marecek” und die “Hektiker”. Aber die Firma “Hoanzl” (www.hoanzl.at) ist mehr als nur eine Kabarett-Agentur. Sie ist die zentrale Produktionsstätte für fast alle am Markt erhältlichen Kabarett-CDs, -Videos und –DVDs (“Best of Kabarett”), sie ist ein expandierender Satire-Verlag und ein erfolgreiches Musik-Label. Dass sich der überzeugte Burgenländer, der einst auszog, um “der satirischen Diskussion unserer Gesellschaft die gebührende Öffentlichkeit zu verschaffen”, beim hektischen Spiel mit den zahllosen Firmen-Fäden nicht ständig selbst verstrickt, ist eigentlich schon eine Kunst für sich. Wenn es nach ihm ginge, müsste der Tag mindestens 36 Stunden und er selbst bitte vier Hände haben.
Berufliche Eigen-Definition: Lesen, schreiben, rechnen und viel telefonieren. Oder: täglicher Umgang mit Begeisterung, Zeit und Geld.
Ich bin Kabarett-Manager geworden, weil ich eigentlich gerne Kabarettist wäre, aber …
In Zukunft möchte ich einmal ein eigenes Programm schreiben. Aber das soll bitte geheim bleiben.
Im Gegensatz zu den großen Agenturen, hat sich Einzelkämpfer René Berto fast völlig auf das Management eines einzigen Künstlers konzentriert. Und das mit Kontakt- und Einsatzfreude – und überwältigendem Erfolg: Dass der noch vor ein paar Jahren als skurriler Geheimtipp gehandelte Alf Poier (www.poier.at) inzwischen im gesamten deutschsprachigen Raum ausverkaufte Tourneen absolviert, verdankt er nicht zuletzt seinem hochgradig hartnäckigen, zielstrebigen, ideenreichen und dabei noch stets zu Späßen aufgelegten Kabarett-Karriereplaner.
Berufliche Eigen-Definition: ”Zuständigkeitsberechtigter” für Beratung & Verkauf, Qualitätskontrolle, Groupiemanagement, etc.
Ich bin Kabarett-Manager geworden, weil money for nothing & Tschiks for free.
In Zukunft möchte ich den Poier unter meinen Kollegen versteigern und privat immer mehr vom Meer sehen.
Um das berufliche Wohlergehen von “Steinböck & Rudle”, Christian “Helfried” Hölbling, Ludwig Müller und Werner Brix kümmert sich eine Frau: Susi Seidl (www.kabarett-comedy.com). Eine begnadete Köchin und gastfreundliche Gmundnerin – in erster Linie aber eine studierte und taffe Kulturmanagerin, die sich engagiert und effektiv um ihre Schützlinge kümmert. Unter ihrem Wert gehandelte Kabarett-Talente wecken ihren Ehrgeiz. Ihr nächstes Projekt : das schräge Frauen-Kabarett-Quartett “Freaky Nylons”.
Berufliche Eigen-Definition: Ein Kabarettist ist ein Künstler, also ein Chaot. Wir müssen seiner Kunst zu ihrem Recht zu verhelfen. Und darauf achten, dass er nicht immer seine Kuschelbären überall liegen lässt.
Ich bin Kabarett-Managerin geworden, weil es der Zufall so wollte. Auslöser war eine kabarettistische Mitternachtseinlage meines Bruders [Ludwig Müller, Anm.d.Red.] an meinem 30. Geburtstag.
In Zukunft möchte ich dafür sorgen, dass den noch nicht so bekannten Kabarettisten – den Stars von morgen – die ihnen zustehende Medienaufmerksamkeit zuteil wird.
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