Bitte anschnallen!
kabarett.at 03/2007
Na, endlich! Darauf haben wir seit sieben Jahren gewartet. So lange ist es nämlich her, dass Nadja Maleh den einst strahlendsten, erfrischendsten und demzufolge unvergesslichen Lichtblick der hierzulande grenzwertig kleinen Schnittmenge zwischen Frauen und Kabarett namens “Bolzano & Maleh” verließ, um in der deutschen TV-Comedy-Landschaft ihr Glück zu suchen. Wir grollten ihr und heuchelten Verständnis. Und wir trösteten uns mit der Hoffnung, dass die Trennung ja auch der Auftakt für zwei Solo-Kabarettistinnen-Karrieren sein könnte. Jetzt ist es endlich so weit. Und siehe: Das Warten hat sich gelohnt. Und wie!
Mit „Flugangsthasen“ machen Nadja Maleh und ihre Regisseuse Marion Dimali alles richtig. Denn sie setzen auf Nadjas größte Stärke : das Rollenspiel. In diesem Fach gibt es nämlich nicht viele, die ihr das Wasser reichen können. Sie benötigt kein einziges kostümierendes Requisit, um rund zehn verschiedene, spaßige Gestalten präzise und unverwechselbar auf die Bühne zu bringen. Und das in einer tadellos zweckgerechten Rahmenhandlung : Die Billigfluglinie „Maleh-Airlines“ hat zusammen mit dem AMS „Kosten und Mühen gescheut”, um ihren Passagieren ein ganz besonderes Bord-Entertainment-Programm zu bieten. Nämlich: Langzeit-Arbeitslose als Kurzweil-Bereiter.
Allein schon körpersprachlich, mimisch und stimmlich ist jede der von Nadja Maleh im Lauf der Jahre kultivierten Figuren eine saukomische Show für sich. Dafür, dass sie ihnen auch noch großteils sehr originell pointierte Monologe verpasst hat, gebührt ihr uneingeschränkte Hochachtung. Eine österreichische Kabarettistin, die dazu im Stande ist, sich selbst einwandfrei witzige Texte zu schreiben. Hat es das überhaupt schon einmal gegeben ?
Und nach dieser gerechtfertigten Polemik nun hinein in Nadja Malehs kurioses Charakter-Kabinett. Da wäre einmal die sächsische Dumpfbacke Ramona Krummelanke, die u.a. ein mediterranes Evergreen-Medley zum Besten gibt. Beachtlicherweise, ohne auch nur einen einzigen Ton zu treffen. Von der Aussprache ganz zu schweigen. „Heute hört einem ja keiner mehr zu”, konstatiert sie traurig, „früher hatten wir wenigstens die Stasi.“
Folgerichtig präsentiert sie sich bei ihrem zweiten Auftritt als „Geili Minnög“* und transponiert Grönemeyers „Männer“ in die Gebärdensprache. Die junge Dame namens Desiree wirkt indes so, als wäre sie soeben einer Telefon-Sex-Werbung entsprungen. Ihre Interpretationsversuche tragischer Frauenrollen aus klassischen Dramen enden daher zwangsläufig alle im Jugendverbots-Bereich.
Weiters für Alleinunterhaltung sorgen eine betroffenheitslyrische Tierschutz-Aktivistin mit dem grandiosen Namen Brigitte Herzmanovsky-Navratil, die kaum einen verständlichen Satz zusammenbringt, und eine italienische Köchin Lucia, die sich auf alles Deftige versteht. Besonders aufs Anbraten und Einkochen von Männern.
Nicht zu vergessen die grandios sinnentleert dahergscheitelnde Zukunftsforscherin, die allen Vorurteilen nachdrücklich gerecht werdende „Miss American Teen Princess“, die orientalische Laila mit den Hobbies „Kochen, Waschen, Putzen und Terrorismus“ und die in Kamasutra und Lachyoga geschulte Mandala, die in täuschend echtem indo-englisch „non-vegetarian-jokes“ erzählt und die Fendrich-Hymne zu „I am from India“ umdichtet.
Klingt alles ziemlich albern – ist es auch. Und das ist gut so ! Ein beherzter Beleg dafür, dass nichts gegen vwordergründig funktionelle (und höchstens um eine Spur zu oft zweideutig konnotierte) Comedy spricht, wenn sie auf intelligentem Witz und darstellerischer Professionalität fußt. Nadja Maleh ist ein Glücksfall. Weil sie sich neben ihrem breitenwirksamen Entertainment-Talent und ihrer umwerfend ulknudeligen Bühnen-Präsenz eine gewisse Intimität im Umgang mit dem Publikum bewahrt hat. Große Comedy-Kunst für die Klein- und Mittel-Bühne. Welch erfreulicher Kontrast zu den vielen vergleichsweise dünnen Unterhaltungs-Süppchen, die sich oft in Stadthallen ausbreiten.
„Flugangsthasen“ ist das ideale Programm für Menschen, die gelegentlich ganz gerne viel lachen, ohne dabei Gefahr zu laufen, sich allzu oft unterhalb der eigenen Anspruchsgrenze zu amüsieren. Und natürlich für alle, die einfach nur Spaß haben wollen. So viel davon gibt es nicht oft für eine Eintrittskarte.
*) „Kylie Minogue“ auf sächsisch …
0 comments on Bitte anschnallen!