Ganzkörperkomiker auf der Überholspur
Der Standard 09/1997
Zugegeben: Themen, wie Shopping-Stress, sexuelles Erwachen oder ein Tag im Leben eines Kleinkünstlers, derer sich Olivier Lendl für sein zweites Comedy Solo mit dem Titel „O. Lendl 2 – geschüttelt und gebeutelt“ bedient, entstammen prinzipiell konventionalstrafgefährdeten Gefilden. Doch wie sie von Lendl auf der Bühne umgesetzt werden, ist schlichtweg konkurrenzlos: Mit bisweilen atemberaubender Geschwindigkeit und pointierter Präzision zaubert er den ganz normalen Wahnsinn in Form comic-artiger Alltags-Satiren auf die Bühne. Denn nicht das Was ist bei Lendl ausschlaggebend, sondern das Wie: keine prätentiöse Pantomime, sondern konstante Ganzkörperkomik. Kein billiger Geräusch-Klamauk, sondern genau gesetzte, assoziativ Szenarien schaffende Lautmalerei. Keine überflüssigen Hampel-Albernheiten im Stil eines Jim Carrey, sondern auf das Wesentliche reduzierte, aberwitzige Gestik im Standup-Comedy-Stil eines Robin Williams. Lendl überzeugt: ob als ein von Depressionen gebeuteltes Beziehungsopfer oder als Fötus, der kurz vor dem ersten großen Auftritt seinen Text zu memorieren versucht, ob als trendige Stimmungskanone im Stammlokal oder als Großstadt-Kleinkind, das lustlos auf einem Dumbo-Automaten reitend angesichts des ihm gebotenen Unterhaltungs-Spektrums den bedenklichen Beschluss fasst: „Wenn ich einmal groß bin, nehm‘ ich Drogen. Ganz viele ganz harte !“
Als einziger nennenswerter Kritikpunkt bleibt die Länge des Programms, nach dessen knapp 80 Minuten man noch lange nicht genug hat. Fazit: Österreichs Kabarett- und Comedy -Szene ist um eine unbedingt erlebenswerte Facette und – so platt das auch klingen mag – zweifellos schon bald einen Star reicher: „Und wenn er nicht gestorben ist – dann lebt er morgen auch noch!“
0 comments on Ganzkörperkomiker auf der Überholspur