Showtime im Exil
Der Standard 03/1995
„Eine Fahrt in das Kulturgut einer Welt, die nicht mehr existiert“, kündigt Topsy Küppers an und wandelt daraufhin in dem von Lämpchen umkränzten Guckkasten der Freien Bühne Wieden 90 Minuten lang auf den Spuren des Emigranten-Kabaretts: „Weit von wo“. Ihre Reiseandenken von Farkas, Herz, Grünbaum, Hollaender u.a. präsentiert sie eingehüllt in eine dicke Panade aus unverbindlichem Charme und einem Zuckerguss aus gold-glitzernder Unbeschwertheit. Motto: „Ein Feuerwerk der guten Laune“.
Nur mit Mühe kann die Bitterkeit, die zwischen den spaßigen Zeilen steckt, hin und wieder hervorblinzeln. Schließlich sind ihr eigene Auftritte reserviert. Doch je länger der Abend dauert, je länger das strahlende Weiß des Bühnenkostüms das Scheinwerferlicht ins ausverkaufte Auditorium reflektiert, umso mehr wandeln sich Küppers Conférencen von zeitgeschichtlichen Stimmungsberichten zu „It’s showtime“-Floskeln. Ein Spiegel der Entwicklung so manch eines Exil-Literaten, der allmählich begann, sich an sein neues Umfeld zu gewöhnen.
Am Schluss ist ihr der Applaus sicher. Auch – oder gerade – für solch unqualifizierte Bemerkungen wie: „Die Themen im Kabarett sind damals wie heute die gleichen – aber damals wurde einfach brillanter und witziger getextet als heute.“ Was zu beweisen gewesen wäre.
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