Sevsationelles Humorereignis
Der Standard 02/1997
Fazit: Das neue Kabarett-Programm „Lockende Wildnis“ von und mit Karl-Ferdinand Kratzl ist eine Überschall-Kreuzfahrt durch nicht für möglich gehaltene Gedankenwelten und Geisteszustände, bei der das Lachen und das Staunen bisweilen dermaßen nahtlos ineinander übergehen, dass sie zu einem beglückenden, bislang unbekannten gemeinsamen Gemütsausdruck verschmelzen.
Ein Programm wie eine dem übergeordneten Ziel der individuellen Glückseligkeit verpflichtete, leuchtstarke Dia-Show in überwältigender Überblendungstechnik: Plötzliche Poesie – samt saftiger Sollbruchstellen – und Kurzauftritte komplett kranker Charaktere fügen sich ebenso selbstverständlich in des Künstlers auch körpersprachlich unvergleichlichen Vortrag, wie geheimnisvoll-groteske Alltags-Geschichten oder in Allegorien verpackte gemeine Gesellschaftskritik. Und all dies‘ in einer derartig raschen Abfolge, dass kaum Zeit bleibt, sich von den einzelnen Eindrücken zu erholen. Am Ende geht es einem so ähnlich, wie es einem den alljährlichen Kirtag als Nonplusultra des Amüsements gewohnten Kind nach einer zweistündigen Freifahrt-Tour durch den Prater – inklusive Spiegelkabinett (verzerrte Abbilder des Ichs!), Hochschau- und Geisterbahn – gehen muss: außer Atem, völlig verwirrt, aber unendlich glücklich.
Viel lieber hätte es Kratzl, so sagt er einem im Vertrauen, schriebe man in der Zeitung publikumswirksamen Klartext statt Liebesbriefe. Zum Beispiel : „Das neue Programm von Karl-Ferdinand Kratzl ist ein sensationelles Humor-Ereignis, das sich kein denkender Mensch des ausklingenden zweiten Jahrtausends zu versäumen leisten darf“. Womit er von der Wahrheit gar nicht so weit entfernt ist. Für jenen Populationsteil allerdings, für den Humor unweigerlich mit den Worten „Kennen Sie den …?“ beginnt, bleibt Kratzl mit Sicherheit unverändert der leibhaftige Gottseibeiuns. Gottseidank.
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