Komm sing mit
Der Standard 01/1995
Es ist mehr als die Schulzeit und die heimatliche Granit- und Gneis-Scholle, die die beiden exzeptionellen Künstler Josef Hader – aus dem Waldviertel – und Otto Lechner – aus dem Dunkelsteiner Wald – miteinander verbindet. Sie haben es ja schon immer gewusst: Damals, als sie vor über zehn Jahren gemeinsam die ersten Hader’schen Kabarettprogramme aus der Taufe hoben und damit gleich-zeitig die Grundsteine für ihre jeweiligen Karrieren legten. Jetzt spielen sie wieder zusammen, vereinen ihre Künste zu einem musik-kabarettistischen Lieder-abend der Sonderklasse. „Komm sing mit“ besteht ausschließlich aus Liedern und Texten, die bereits zu Bühnenehren gelangt sind, doch deshalb von Recycling zu reden, wäre fehl am Platz.
Otto Lechner und der sich in nobler Zurückhaltung übende Schlagzeuger Herbert Reisinger verleihen scheinbar Altbekanntem eine neue Note nach der anderen. Da wird das Lied, das die ewige Sinn- und Zweckfrage auf das ihr gebührende Niveau der Banalität zurückholt – „So ist das Leben“ – zu einem fröhlichen Swing, und der Hit aus dem aktuellen Hader-Solo „Privat“ über die Topfplanzen zu einer musikalischen Metapher-Parodie mit Schlager-Qualitäten. Über weite Strecken aber offenbart sich durch die erhebende Anhäufung der lebens- und todes-erforschenden Songs – fern jeglicher Komik – eine von fast schwereloser Tragik gekennzeichnete Weisheit, die sich Hader in seinen Kabarettprogrammen bisher zumeist nur als Kontra-Schlusspunkt erlaubte. Dort kam sie dafür in einer überraschenden Vehemenz, die sich nur mit Hilfe der zwischentextlichen Übergänge im liederlichen Zusammenhang von „Komm sing mit“ verständlicherweise nicht einstellen mag. Dafür lässt sich in Ruhe lauschen.
Das Hader’sche Bonmot „Das Leben verliert so dadurch, dass man es kennenlernt“ ist dementsprechend ansatzweise zu relativieren.
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