Keine Spur vom Killer
Der Standard 03/2001
Sind es die Nachwirkungen ihrer zwangsläufig breitenwirksamer angelegten “Simpl”-Saison oder ist es die Solidaritätsabgabe an die Fun-Generation ? “Spass machen” war natürlich schon immer das oberste Gebot der beiden Entertainment-Profis “Steinböck & Rudle”, aber so unverdünnt, wie in ihrem neuen Programm “Killerkipferl 3”, haben sie ihn bisher noch nie über die Bühne schwappen lassen.
Poetische Zwischentöne, tragikomische Wendungen oder kleine schmerzhafte Tiefschläge, die den Reigen gut gelaunter Unterhaltung in “Killerkipferl 1” noch gelegentlich akzentuiert unterbrachen, fehlen in Folge 3 fast völlig. Wo sind jene nachhaltig im Gedächtnis gebliebenen bösen Untertöne, die bei der alkoholisierten Grabrede an die soeben plattgefahrene Katze oder beim drogenseligen Wienerlied unter die Haut gingen ? Wo sich einst schwarze Abgründe auftaten, gibt es heute höchstens noch schräge, gut gemähte Wiesen. Und selbst dort ist der feste Halt bestens einstudierter Fröhlichkeit stets in Griffweite.
Zu Boshaftigkeit Neigende könnten Gerold Rudle und Herbert Steinböck unterstellen, sie seien ihren beiden zur Verhöhnung der Wirtshaus-Spassmacher kreierten Gaudiburschen “Herry & Gerry” ansatzweise schon fast ein wenig ähnlich. Qualitativ freilich auf einem unvergleichlich höheren Niveau: ihre kuriositätenreiche Phantasie erweist sich in vielen ihrer Satiren und Grotesken als ungebrochen. Eine Szene, die beginnt, als ginge es um Beschäftigungstherapie für BSE-krisengeschüttelte, arbeitsarme Fleischhauer, entgleitet wunderbar in völlig unbegreiflichen, surrealen Nonsense. Der ganz normale Wahnsinn kommt allerortens auf aberwitzige Art zum Ausbruch : im Wirtshaus, an der Hotel-Rezeption oder im Stiegenhaus. Dort wird ein harmloser Hausmeister zum Opfer eines hochgradig hysterischen Mieters. Letztere – in früheren Programmen unter dem Namen “Ehrbacher” agierende – Figur hat mittlerweile ein Maß an Ausgeklinktheit erreicht, das ihre baldige Einweisung in die Geschlossene nahelegt.
Bisweilen aber klappert die “Steinböck & Rudle” schon oft vorgehaltene Damokles-Schere zwischen Form und Inhalt wieder besonders hörbar: Die Idee, mit dem Gedüdel eines Dutzend Handys live ein Lied zu instrumentieren, ist bestechend. Der Text hingegen völlig erlässlich.
In Summe ergibt das bei zwei derartig versierten Comedy-Kabarett-Kalibern natürlich noch immer einen sehr lustigen Abend, aber eben ohne belebende Nebenwirkungen. Schokoglasur und bunte Zuckerstreusel zierten die nach der Premiere verteilten Kipferl: lustig, luftig und leichtverdaulich. Vom Killer keine Spur.
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