Der braune Bua aus Engerwitzdorf
Falter 06/2023
Ein paar Kartons auf der Bühne genügen, um den funktionellen Rahmen eines für ein Standup-Solo dramaturgisch beachtlich geschlossenen Programms zu etablieren: Das Publikum ist gekommen, um Romeo Kaltenbrunner beim Umzug zu helfen. Seine langjährige Lebensgefährtin hat ihn vor die Tür gesetzt. Jetzt heißt es für ihn, sich in „Selbstliebe“ (Regie: Dolores Winkler) zu üben.
Mit pointierter Ironie und feinem Gespür für kleine und große Alltagsabsurditäten widmet sich der sympathische Mühlviertler in seinem Debüt sowohl der heimatlichen Mentalität – also jener Provinz, wo man als Jugendlicher Ausflüge zu Tankstellen unternimmt und am besten immer einen Kübel mit Werkzeug dabei hat, damit es ja nicht so ausschaut, als habe man nichts zu tun – als auch den Sollbruchstellen des Zwischenmenschlichen: einerseits in Bezug auf die – etwas klischeehaft – zum Scheitern verurteilte Beziehung zwischen einem Uptown-Girl und einem Homegrown-Boy, andererseits auf den Umgang seiner Mitmenschen mit ihm, dessen Hautfarbe um etliche Schattierungen zu dunkel ist, um an den Gestaden der Gusen ungefragt als Einheimischer durchzugehen. Wer schon in Linz ein befreiendes Gefühl von multikultureller Weltoffenheit verspürt, brauchte als „der braune Bua aus Engerwitzdorf“ von klein auf viel Humor. Das kommt ihm jetzt zugute.
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