Pawlatschen-Pleite
Der Standard 06/1995
Alle Jahre wieder verwandelt sich die einst schmucke, mittlerweile mehr alt als ehrwürdige Pawlatschen-Bühne im Hinterhof des Hernalser Metropols mit Inbrunst in den Inbegriff unterhaltsamer Belanglosigkeit. Mit einem dem sommerabendlichen Auftrag nach leichter Kulturkost weit vorauseilendem Gehorsam hat sich das Team um Klaus Pieber heuer daran ge-macht, eine Schlagerparade durch fünf Jahrzehnte („Ich wünscht ich wär ein Huhn“ etc.) zu einem infantilen Spektakel ohne Ansätze zu Hand und Fuß zu machen. Die üblicherweise begeisternden Stimmen einer Steffi Paschke oder einer Tini Kainrath werden sinnlos mit Klangbrei zugekleistert, Wilfried bewegt sich als Conférencier und Sänger von Anfang an jenseits jeglicher Kritiker-Kategorien und die schauspielerischen Talente des Kabarett-Duos Steinböck & Rudle ächzen mitleiderregend unter der Last völlig witzloser Sketche. Sie tun ihr bestes – und verkommen trotzdem zu outrierenden Pausenclowns. Selbst von der sonst so sprühenden Spielfreude eines engagierten Teams, die einem über so manche Fadesse hinwegzuhelfen vermag, ist nur wenig zu spüren. Es wird abgespult. Eine künstlerische Kapitulation, deren stellenweise bis in die Knochen fahrende Lust- und Ideenlosigkeit nur dem zum Amüsement wild entschlossenen Premierenpublikum nichts anzuhaben vermochte.
Freilich, es gibt auch Lichtblicke: Bei Schlomit Butbul blitzt der Schalk frech aus dem Nacken, Azi Finder brilliert als Louis Armstrong-Imitator und die fünfköpfige Band könnte unter besseren akustischen Bedingungen sicherlich für Stimmung sorgen. Doch, wo Lichtblicke dieser Lux-Stärke schon wie Blitze auffallen, muss es rundherum zwangsläufig verdammt finster sein: „Ich wünscht ich wär ein Huhn“ ist eine haltlos aus allen Nähten platzende Produktion, an der höchstens die Kunst zu bewundern ist, mit einem guten Dutzend fähigster Künstler einen derartig gewaschenen Absturz zu veranstalten. Und dass Pieber dieses Trauerspiel aus-gerechnet in der Neuübernahme-Phase des Metropols (neuer Prinzipal: Peter Hofbauer) durchziehen musste und somit – wie es in vielen Premierenfeier-Gesprächen unüberhörbar war – gelinde gesagt nur geringen Rückhalt bekam, ist höchstens der Versuch einer Erklärung. Eine Entschuldigung ist es nicht.
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