Me myself and I
Ein Kabarettist spricht mit seinen Texten – und lässt seine Texte für sich selbst sprechen.
kabarett.at 09/2006
Um die raffinierte Konstruktion des Abends zu verstehen, ist es von Vorteil zu wissen, dass Hofbauer ursprünglich nur eine Lesung aus eigenen, bislang unbenutzten Werken vorschwebte. Doch je intensiver er sich mit seinen diversen lyrischen und prosaischen Erzeugnissen befasste, umso deutlicher kristallisierte sich im Laufe der Proben ein neues Kabarettprogramm heraus. Die Texte entwickelten nämlich zunehmend Eigenleben – und nahmen Gestalt an. Eine ebenso liebenswürdige wie liebesbedürftige Gestalt mit Hand und Fuß, die sich offenbar dazu überreden ließ, die Hauptrolle zu übernehmen. Heinz Hofbauer selbst begnügt sich indes in seinem dritten Solo mit der Rolle eines Müll-Sortierers und Zwischen-Texters. Er ist gewissermaßen nur „Im Hintergrund“ (Regie: Lilian Klebow).
Am liebsten würde Hofbauer den Abend ja überhaupt aus der Perspektive des Publikums erleben. Aber ganz allein lassen kann er seine Texte auf der Bühne dann doch nicht. Um sie von ihrer langjährigen schubladenen Verschlossenheit zu erlösen und ihnen die geeigneten Stichworte für ihre Auftritte zu liefern, erzählt er von vergangenen Freundinnen, verdrängten Mid-Life-Krisen und seiner großen Leidenschaft für saubere Reime. „Ich steh’ aufs Gänsehäufl – Auf Italien pfeif ich“ reime sich beispielsweise höchstens mit einer sehr vollen Nase …
Hofbauers dritte Bühnenfigur – neben seinen Texten und ihm selbst – ist ein ziemlich „tiafer“, triebgesteuerter Gedanke, den er eher versehentlich in die Selbständigkeit entlässt. Doch zu spät : Gedanken sind ja bekanntlich frei. Auch solche, die ihre Besitzer nicht zuletzt mit ihrer notorischen Offenheit immer wieder in peinliche Situationen bringen. Hofbauers einst geheimster Gedanke dreht sich nämlich vorrangig um weibliche Brüste. Besonders jene der „Försterin im Nussenwald“ haben es ihm angetan.
Seine „Textilien für ein sauberes Wortgewand(t)“ beschäftigen sich indes mit Suppeneinlagen (s.u.) und Berufswünschen, mit einem verhinderten Widerstandskämpfer, Gewalttätigkeiten in einer Sushi-Bar, die eigene Kindheit im Koloniakübel – und mit der Macht der Fantasie. Unvergesslich auch das Lied über die vielfältige Problematik öffentlicher Bedürfnisanstalten und das romantisch frisierte Dramolett über die Liebe zwischen Axel-Haar und Haar-Monika, die tragischerweise damit endet, dass Zweitere mit einem feschen Kampl Reißaus nimmt …
Von einem Suppenhuhn die Haut / ist beim Kauen selten laut.
Aus Hofbauers bemerkenswertem lyrischen Zyklus über Suppeneinlagen
Wer mit Hühnerhäuten lärmen will, / nimmt lieber die vom Hendlgrill.
Hofbauer beherrscht das gewitzte Wechselspiel zwischen originellem Nonsens, aktueller Satire, banalen Reimereien und hintergründigem Humor. Auch schlagen viele seiner Pointen überraschend ein. Was ihn jedoch von Vielen seiner kabarettistischen Zunft abhebt, ist sein feines Sprachgefühl. Mit seinem genauen Gespür für das trefflichste Wort am rechten Ort gelingt ihm eine bemerkenswerte literarische Veredelung seiner Texte.
Die Schwächen liegen eigentlich nur in seiner Bühnen-Performance. Das Mitglied des Kabarett-Ensembles „Seminarren“ ist weder ein extrovertierter Natur-Komiker, noch ein sonderlich überzeugender Schauspieler. Das weiß er selbst. Darum hat er diese Mängel auch mit angemessener Selbstironie in sein Programm eingebaut : Seine Texte flehen ihn geradezu an, schlecht zu spielen, um ihnen nicht die Show zu stehlen. Raffiniert. Ändert aber nichts daran, dass er seinem Auftritt mit seiner zwar sympathischen, aber gelegentlich allzu linkischen Schüchternheit immer wieder die Aura des bemühten Kleinkunst-Amateurs verleiht. Das haben sich seine Texte und Gedanken nicht verdient. Und er selbst auch nicht.
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