Comedy vom Kleinsten: schnell, frech und gelegentlich genial daneben
Bernhard Hoecker: „Ich hab früher Basketball gespielt. Aber ich hatte keine Chance. Weil ich Weißer bin.“
kabarett.at 08/2008
Die Bühne der Wiener „Kulisse“ hat rechts und links außen Stufen, die in den Saal hinabführen. Diese zu benutzen ist aber nicht ganz ungefährlich, weil auf beiden Seiten mächtige Verstärker von der Decke herabbaumeln, deren Kanten und Ecken aus gutem Grund mit dicken Schaumgummipolsterungen versehen sind. Schon so manche Kabarettisten haben sich nämlich hier – geblendet vom Scheinwerferlicht – schlagartig und unfreiwillig langanhaltende Erinnerungen an ihr Gastspiel geholt. Und damit rasch zur Pointe : Bernhard Hoecker ist der erste Künstler, der aufrecht unter den Boxen durchgehen kann. Womit wir die stets für Heiterkeit herhalten müssende Körpergröße des vifen Rechtsaußen von „Genial Daneben“ vorläufig abgehakt hätten.
„Ich hab’s gleich“ ist Hoeckers viertes Solo-Programm – und zweifellos ist es seiner TV-Prominenz zu verdanken, dass es ihn damit nun erstmals auf eine österreichische Bühne verschlagen hat. „Den Wiener Dialekt probier ich lieber nicht“, erklärt er gleich zu Beginn, „das klingt nämlich immer so, als würde ich versuchen, einen schwulen Bayern zu imitieren.“
Einem Berliner Besucher, der auf Hoeckers Nachfrage angibt, „der Liebe wegen“ in Wien zu wohnen, attestiert er : „Es muss die Liebe zur Stadt sein – nach dem, was ich bisher hier gesehen habe.“ Wer auf der Sympathiewelle ganz oben schwimmt, darf sich auch die eine oder andere Beleidigung leisten.
Ohne „Genial Daneben“ je explizit zu erwähnen, gelingt es Hoecker, den diesbezüglichen Erwartungshaltungen seiner Fans gerecht zu werden : als populärwissenschaftlich geschulter, sympathisch-kecker kleiner Klugscheißer. Im besten Sinne. Mit betont unsinnigen Eselsbrücken verbindet Hoecker seine gut gewitzten Comedy-Bausteine über Mnemotechnik, Sammel-Leidenschaft, Butterdosen, Geiselnahmen, Fortpflanzungsforschung und andere Hobbys. „Ich hab früher Basketball gespielt“, erzählt er, „aber ich hatte keine Chance – weil ich Weißer bin.“
Auf hörbar weniger Anklang stoßen seine ausführlichen Ausführungen über Kellner-Verhalten und Trinkgeld-Forschung. Überraschend, dass auch ein mit vielen Wassern gewaschener Profi wie Hoecker seine diesbezügliche, leichte Verunsicherung mit erhöhtem Tempo zu überspielen versucht. Das hat noch nie funktioniert. Erst ein paar pointierte Publikums-Plaudereien und eine Nummer über den vergeblichen Versuch, sich für ein Heavy-Metal-Konzert einzukleiden, stellen die Saalstimmung wieder auf jene Betriebstemperatur, derer es zum großen musikalischen Finale unbedingt bedarf. Denn auch die abschließende pompöse Musical-Parodie über seine eigene praenatale Phase ist in punkto Originalität nicht unbedingt das Gelbste vom Ei.
Seine größte Stärke liegt zweifellos in der Improvisation mit den Zuschauern. So schnell, scherzsicher, spielerisch und nicht selten erfrischend frech, wie er auf die Antworten seiner „Opfer“ und diverse Zwischenrufe reagiert, ist kaum ein anderer. Dass er alle unfreiwilligen Teilnehmer an seiner Show auch noch grob gereimt in sein Schlusslied einbaut – das hat große Comedy-Klasse. Fazit : Bernhard Hoecker ist alles andere als Erneuerer des Genres, aber bestimmt einer seiner sympathischsten Vertreter. Unaufdringlich und selbstironisch. Und trotzdem Deutscher …
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