Kabarett-Highlights im Herbst 2009
Kabarett-Fans steht ein heißer Herbst bevor. Und ein qualvoller. Denn wer die Wahl hat, hat ja bekanntlich auch Schmerzen. Und zur Auswahl stehen in den nächsten Monaten nicht weniger als 30 Premieren und Dutzende spannende Specials und prominente Gastspiele. Um sich selbst einen Überblick zu verschaffen, hat Peter Blau einen Wegweiser durch das Dickicht der Ereignisse gezimmert: ausgewählte Herbst-Highlights im Überblick.
kabarett.at /2010
Wien wird sich vor Lachen biegen. Heißt es. Weiters wird es angeblich in allen Bezirken „schallendes Gelächter“ und „überstrapazierte Zwerchfälle“ (sic!) geben. Ein schönes Beispiel für einen Pressetext, der den Leser mit vorauseilendem Argwohn erfüllt. Dabei beschert uns das „Lachfestival 09“ einige durchaus bemerkenswerte Gastspiele deutscher Comedians. Fatih Cevikkollu , Rüdiger Hoffmann und das herrlich blöde „Chaostheater Oropax“ verschlägt es ja nur alle heiligen Zeiten nach Ost-Österreich. Daneben wagt das Festivalprogramm einen ambitionierten Spagat zwischen „Zirkus Roncalli“ und „Tschauners Stegreifbühne“, Lesungen und Lachyoga-Workshops, Strassenclowns und „Neuwirths Extremschrammeln“.
- Vom 10. – 13.9. in Wien. Details unter www.lachfestival.at
Zeitgleich findet am Wörthersee das „Humorfestival Velden“ statt. Und auch das kann mit einigen zugkräftigen Gästen aufwarten : u.a Wort-Akrobat Willy Astor, Typen-Karikaturist Helmut Schleich, das ausschließlich mit leeren Flaschen musizierende „GlasBlasSing Quintett“ und das verblüffende Duo „Ohne Rolf“.
- Vom 10. – 13.9. im „Casineum am See“ (Velden). Details unter www.humorfestival-velden.at/
Als „erlesene Komik“ bezeichnen die beiden Schweizer Künstler, die mal ein Trio waren und deshalb „Ohne Rolf heißen, ihre faszinierende Kleinkunst. Und das nicht zu Unrecht, denn gesprochen wird in „Blattrand“ kein Wort. Es wird geblättert. In zwei großen Stößen bedruckter Plakate. Und so entstehen Blatt für Blatt hintergründig gewitzte Dialoge. Scheinbar chaotisch, aber in Wahrheit ohne sich jemals zu verzetteln. Eine völlig neue Facette intelligent-amüsanter Kleinkunst.
- 12.9. „Casineum am See“ (Velden) / 13.9. „Rabenhof“ (Wien)
Die Simpl-Filiale beim Gasometer hat sich Publikumsliebling Michael Niavarani ausgesucht, um die Nachfrage nach seinen erzkomödiantischen Qualitäten zu stillen. Und das gewiss gewinnbringend für alle Beteiligten. „Alles, was ich schon immer machen wollte – und das an einem Abend“ heißt sein neues Soloprogramm.
- Ab 14. September im „Palais Nowak“ (Wien)
Wer Nia lieber im Doppelpack mit Viktor Gernot erleben möchte, muss sich noch bis Ende Oktober gedulden. In ihrem neuen gemeinsamen Programm „Zwei Musterknaben“ erweisen sie sich laut ungesunder Selbsteinschätzung als zwei „selbstgerechte, besserwisserische, fortschrittsfeindliche und beratungsresistente Mitt-40er, die gerne austeilen und umso weniger einstecken können“. Wenn da keine Vorfreude aufkommt …
- Ab 26. Oktober im „Kabarett Simpl“ (Wien)
Das privat und professionell miteinander verbandelte Duo „Weinzettl & Rudle“ schöpft weiter aus den unergründlichen Untiefen der Beziehungskiste. In „brutal normal“ geht es um jene Phase der Zweisamkeit, die von Hollywood-Regisseuren üblicherweise gnädig ausgeblendet wird : was passiert nach dem „Happy End“ ? Monica und Gerold laden zu einem Geschlechterkampf in Gestalt eines fröhlichen Spieleabends.
- Ab 14. September im „Orpheum“ (Wien)
Getreu dem Motto „Was eignet sich besser für Innenpolitsatire, als das Kasperltheater“ lässt das Trio „maschek“ wieder die von Karikaturist Gerhard Haderer entworfenen Puppen tanzen. „Bei Faymann“ treffen einander Vizekanzler Pröll, Bürgermeister Häupl, Innenministerin Fekter und etliche andere Promis und Politiker aus dem In- und Ausland.
- Ab 15. September im „Rabenhof“ (Wien)
Für Irmgard Knef ist es höchste Zeit, sich um das Leben nach dem Tod zu kümmern. Was haben denn die Religionen da so im Angebot ? Zumindest im Jenseits will sie sich nicht verschaukelt fühlen. Wann immer der Berliner Kabarettist Uli Heissig in die Rolle von Hildegards verleugneter Zwillingsschwester schlüpft, ist die Illusion perfekt : Eine stolze alte Schachtel, die ihre lakonischen und ironischen Pointen subtil aus dem Hinterhalt abfeuert : „Himmlisch“ !
- 29.9., 1. – 3.10. in der „Kulisse“, 17., Rosensteing. 39, Tel. 01 / 4815 38 70
Deutlich heftiger geht es üblicherweise zur Sache, wenn die niederbayerische Naturgewalt Sigi Zimmerschied vom Leder zieht. Ein scharfsinniger Moralist und Wüterich mit Skalpell und Vorschlaghammer. Und das seit bereits 35 Jahren. Höchste Zeit für eine frisch geschliffene Werkschau. In „Zeitgeister“ collagiert er Ecken und Kanten, Texte und Bilder, Figuren und Filmszenen quer durch die Jahrzehnte zu einem gespenstischen Mosaik von erschreckend zeitloser Gültigkeit.
- 30.9. – 3.10. „Kabarett Niedermair“ (Wien) / 7.10. „Posthof“ (Linz) / 8.10. „Stadttheater“ (Hallein) / 9. + 10.10. „Kulisse“ (Wien) / 11.10. „Orpheum“ (Wien) / 13.10. „Hofbühne Tegernbach (Schlüsslberg, OÖ)
Auf der Flucht vor ihren einkaufswütigen Frauen treffen sich vier Männer an jedem Samstag im Heizungskeller eines Shopping-Centers. In dieser hochgelobten und mit pointierten Dialogen gespickten Boulevardkomödie des isländisch-deutschen Autors Kristof Magnusson stellen bei der österreichischen Erstaufführung die vier Kabarettisten Thomas Stipsits, Klaus Eckel, Pepi Hopf und O.Lendl ihre schauspielerischen Talente unter Beweis.
- Ab 2.10. im „Theater Akzent“, 4., Theresianumg. 18, Tel. 01 / 501 65/ 33-06
Die eine zählt unter ihrem Pseudonym „Kleingeldprinzessin“ zu den Stars der deutschen Singer-Songwriter-Szene, die andere hat für ihre Mischung aus Pointen und Poesie, Schalk und Charme heuer den „Deutschen Kleinkunstpreis“ bekommen : Dota Kehr aus Berlin und Uta Köbernick aus Zürich. In ihrem gemeinsamen Programm „Unvermeidliche Lieder“ kombinieren sie ihre gewitztesten und gescheitesten, fröhlichsten und frechsten Songs zu einem unvergesslichen, zu Herzen gehenden Abend. Österreich beschenken sie mit einer kurzen Tournee.
- Mo 12.10. Kulisse“ (Wien) / Di 13.10. „Treibhaus“ (Innsbruck) / Fr 16.10. „Posthof“ (Linz) / Sa 17.10. „Theatercafé“ (Graz) / So 18.10. „Kulisse“ (Wien)
Eine selbstironische Rückschau auf seine eigene glorreiche Generation, die immerhin Zwentendorf und Hainburg verhindert hat, hält I Stangl in seinem neuen Solo „Wir Helden – Born to be wild“.
Werner Brix verkürzt sich in seinem neuen Solo „Megaplexx 2 – Die besten Stellungen“ die Wartezeit auf einen Zug mit schräg-fundierten Vorschlägen zur Weltverbesserung und originellen Abschweifungen.
- Ab 12.10. (Stangl) bzw. ab 14.10. (Brix) im „Kabarett Niedermair“ (Wien)
„Es sind Geschichten aus einem Viertel, in dem die Mehrheit aus Minderheiten besteht.“ So umreißt der seit Jahrzehnten bestens bewährte bayerische Ex-Kardiologe und einst schrille Musikkabarettist Georg Ringsgwandl sein neues Programm „Untersendling“, mit dem er den beeindruckenden Soundtrack für einen Münchner Bezirk geschaffen hat.
- – 24.10. „Kulisse“ (Wien) / 25.10. „Orpheum“ (Wien)
Lebenshilfe für Lasterhafte verheißt der Titel des neuen Programms von Dr. s.h. Dolores Schmidinger : „Endlich suchtfrei“. Wobei „s.h.“ für „Schmäh halber“ steht. Ernst zu nehmende Therapie ist also erfreulicherweise von ihrer Selbsthilfegruppe für Shopping-, Sex- oder Alkoholabhängige nicht zu erwarten.
- Ab 26.10. in der „Kulisse“ (Wien)
Für nur zwei Auftritte reist das extrem lässige Göttinger Popacapellacomedy-Trio „Ganz schön feist“ am Nationalfeierabend an. Seit über 20 Jahren sorgen die drei humorvollen Herren bereits mit ihren Songs für Originalität und Spaß auf höchstem musikalischen Niveau. Und daran ändert sich auch in ihrem neuen Programm „Klassentreffen“ nichts.
- 26.10. „Orpheum“ (Wien) / 27.10. „Posthof“ (Linz)
Mit hinreißend abseitigen Anregungen und kuriosen Vorschlägen rückt Severin Groebner in seinem neuen Solo der Realität zu Leibe. Denn wenn die Wirklichkeit versagt, müssen Utopien her : Gedankengebilde ohne Bodenhaftung statt frustrierender Fakten. „Man müsste mal …“ : Groebners schräge Hirngespinste zählen zu dem scharfsinnig Komischsten, was das Kabarett zu bieten hat.
- 28. – 31.10. „Kabarett Niedermair“ (Wien) / 5. – 7.11. „Theatercafé“ (Graz) / 9.11. + 2.12. „Kulisse“ (Wien) / 27.11. „Cselley-Mühle“ (Oslip) / 28.11. „Kaisermühlner Werkl“ (Wien) / 29. + 30.11. „Theater am Alsergrund“ (Wien)
Zur Aufführung eines „melodischen Seelenstriptease“ haben sich die drei Sängerinnen und Schauspielerinnen Verena Scheitz (vorm. „Heilbutt & Rosen“), Patricia Simpson (vorm. „Die Echten“) und Steffi Paschke (vorm. „Simpl“) zu einem Trio zusammengefunden. In ihrem Programm „Frauen ohne Gedächtnis“ wollen sie zeigen, wie abwechslungsreich und herausfordernd das Leben dank einer Amnesie sein kann.
- Ab 29.10. im „Orpheum“ (Wien)
Als gewitzter, kleiner Besserwisser hat sich der Rechtsaußen im Rateteam von „Genial Daneben“ auch bei uns eine Fangemeinde erspielt : in seinem neuen Programm „WikiHoecker“ präsentiert sich der sympathische, deutsche Comedian Bernhard Hoecker als wandelndes Offline-Lexikon, das die großen Irrtümer der Menschheit aufzuklären gedenkt.
- 30.10. bis 1.11. in der „Kulisse“ (Wien)
Auch mit ihrem neuen Programm „In der Klinik“ sorgen „Die Geschwister Pfister“ – Toni, Ursli und das unvermeidliche Fräulein Schneider – wieder für eine fulminant-opulente Concert’n’Comedy-Show. Als Kulisse dient ihnen dazu eine Art Betty-Ford-Wellness-Entzugsklinik-Grand-Hotel-Anlage für Prominente, die reich und schön sind. Eine geschlossene Anstalt der etwas anderen Art : Ganz schön krank – und wie immer hinreißend überdreht.
- Vom 3. bis 7.11. im „Theater Akzent“ (Wien) / am 8.11. im „Orpheum“ (Graz)
Martin Puntigam, Fachkraft für heimtückischen Humor und originelle Kabarett-Dramen mit Jugendverbot serviert ein „Atomic Wedgie“. Obacht ! Auch in seinem neuen Solo lauern unter harmlos anmutenden Oberflächen wieder atemberaubende Abgründe. „Wer auf Unterhaltung aus ist und sich nicht entscheiden kann zwischen wissenschaftlichem Vortrag, katholischem Hochamt und Bordell-Besuch, hat Glück : bei mir bekommt er alle drei auf einmal.“
- Ab 4.11. im „Kabarett Niedermair“ (Wien)
Privat ist der 40-jährige Franke Matthias Egersdörfer ein freundlicher, dezenter Mensch. Auf der Bühne ist er weder noch : missmutig und cholerisch, wie ein wandelndes Magengeschwür, erzählt er aus seinem ärgerlichen Alltag und seiner unglücklichen Kindheit. Als er im weihnachtlichen Werk-Unterricht zum Basteln von Watte-Schneemännern gezwungen wurde. Mit seinem Programm „Falten und Kleben“ gastiert er nun erstmals in Österreich. Schlechte Laune kann so lustig sein !
- Am 4.11. im „Posthof“ (Linz) / am 5.11. im „Oval“ (Salzburg) / am 6. und 7.11. im „Kabarett Niedermair“, 8., Lenaug. 1a, Tel. 01 / 408 44 92
Vor zwölf Jahren hat er seinen „unwiderruflichen Abschied vom Kabarett“ verkündet. Zur Freude seiner Fans ist er nun rückfällig geworden. Werner Schneyder, 72-jähriger Altmeister des geschliffenen Polit-Kabaretts, präsentiert mit „Ich bin konservativ“ im angemessenen Ambiente des Burgtheaters einen Querschnitt durch sein jahrzehntelanges satirisches Schaffen. Ehrensache, dass er es mit unverändert treffsicheren Seitenhieben und Pointen zur aktuellen Lage anreichert.
- Am 12.11. im „Burgtheater“ (Wien)
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