Denkmalschutzprogramm
Ein fast tadelloses Best-of-Bisher mit Bonus-Tracks
kabarett.at 12/2006
Je älter man wird umso schneller vergeht bekanntlich die Zeit. Nur vier Jahre nach ihrem „20 Jahre Hektiker“-Programm „Jenseits“ feiert das Quartett mit „Silberhochzeit“ (Regie: Rupert Henning) bereits sein 25-jähriges Bestehen. Herzlichen Glückwunsch! Das 14. Programm jener, die einst aus Mödling auszogen, um nach Herzenslust Schabernack zu treiben, versteht sich als Jubiläums-Mischung aus den „schönsten Nummern der vergangenen Jahre“ mit zwei, drei „brandneuen Szenen“. Also ein Best-of-bisher mit Bonustracks. In Anbetracht der bemerkenswerten Erfolgsgeschichte ein absolut legitimes Unterfangen und geradezu längst fälliges Programm.
Unvergessliche Blödel-Sketche wie „Der Übersetzer“ oder „Der Stimmenimitator“ kommen ebenso zum Zug, wie Nummern von zeitloser polit-satirischer Bedeutung wie „Der Bulle von Tölz als Weltpolizist“ oder der „Verein der Wiener Fremden-Freunde“. Nicht zu vergessen die atemberaubende Boygroup-Verarsche „Ich scheiß Dir ins Hirn“, die „I am from Austria“-Parodie „Weil ich ein Arschloch bin“, die fast schon philosophisch-feinsinnige Betrachtungen des „Herrgott von Wien“ oder der effektvoll choreographierte, vierstimmige Prolo-Phrasen-Rap. Ein Klassiker nach dem anderen.
Jörg Haider und Albert Fortell haben als aktuelles Feindbild ausgedient. Diesmal ist Armin Assinger an der Reihe, dessen erstaunlich trübe Ansichten und Einstellungen Florian Scheuba einst bei der Aufzeichnung einer Promi-Millionenshow näher kennen lernen musste. Als quotenträchtiger neuer Moderator des „Treffpunkt Kultur“ darf er seiner Verachtung für alles was jenseits seines begrenzten Horizonts liegt nun kräftig Ausdruck verleihen. Das gipfelt in dem beachtlichen Auftritt zweier volkstümlicher Musikanten mit ihrem sagenhaften Hit „Ayatollah holareidulijö“.
Festzustellen, dass die Hektiker Bühnenprofis ersten Ranges sind, ist eigentlich in Anbetracht ihrer jeweiligen Karrieren müßig. Inhaltlich und komödiantisch bieten sie Mainstream-Entertainment auf höchstmöglichem Niveau. Und das ohne die früher üblichen Ausstattungs-Orgien. Die Zeiten, da sie mit vier Tänzerinnen auf Tournee gingen, um ihre Umschmink-Pausen zu überbrücken, sind vorbei. Nur als Erwin Pröll gönnt sich Viktor Gernot diesmal eine Perücke. Viel Spaß vermitteln sie auch mit ihren als spontan angelegten gemeinsamen Conferencen. Dazu müssten sie gar nicht so betont laut über die Scherze der Kollegen lachen.
Zwangsläufig drehen sich viele ihrer Gespräche um sie selbst. Schließlich stehen hier „25 Jahre Hektiker“ im Mittelpunkt des Geschehens. Doch ihre vermeintliche Selbstironie ist in Wahrheit nur künstlich pointierte Eitelkeit. Die eigenen Schwächen werden – wie schon in den letzten drei Programmen – so überzogen karikiert, dass sie vom Publikum kaum noch den Protagonisten zugeordnet werden. Ein Hektiker nimmt sich nicht einfach ungeschützt auf die Schaufel – dabei könnte das Denkmal ja Kratzer abbekommen. Zuerst wird ein Gipsabguss erstellt, dann die evtl. bei dem Einen oder Anderen ansatzweise oder im Verborgenen vorhandenen charakterlichen Defizite wie Geldgier, Gefallsucht, Mimosenhaftigkeit, Star-Allüren o.ä. so aufgeblasen, dass sich das entstandene Monstrum aus sicherer Distanz vom Sockel stürzen lässt. Und das Ganze wirkt auf den ersten Blick wie eine rücksichtslose Eigen-Demontage. Sehr raffiniert.
Aus ähnlichen Gründen verabsäumen sie es vermutlich auch, Nummern aus den ersten zehn, verständlicherweise noch unausgereifteren, teils pubertär-spaßigen Lehr- und Wanderjahren der „Hektiker“ in das Programm einzubauen. Da wäre nämlich dann unter Umständen ehrliche Selbstironie fällig. Und womöglich auch die Erwähnung eines bei einer Rückschau auf die eigene Gruppengeschichte eigentlich unverzichtbaren Namens. Viktor Gernot merkt zwar an einer Stelle des Programms kurz an, dass er erst seit 12 ½ Jahren zu den „Hektikern“ zählt – der Name des seinerzeit ausgeschiedenen und für den anfänglichen Erfolg der Gruppe nicht zu unterschätzenden Gründungsmitglieds wird aber mit keiner Silbe erwähnt. Das ist – völlig unabhängig von den inzwischen auch schon längst unter einem anderen Licht zu sehenden Gründen für das damalige heftige Zerwürfnis mit Mini Bydlinski – in einem Jubiläums-Programm, in dem man sich für die vergangenen 25 Jahre feiern lassen möchte, schlicht unanständig.
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