Heinzl und die Hoffnungslosigkeit
Der Standard /19
Wenn die Ach-so-g’scheiten nichts weiterbringen, dann müssen die „Idioten an die Macht“, schlussfolgert Hans-Peter Heinzl, denn nur sie seien die „reinen Toren“, die ohne Hintergedanken handelten. Eine These, dessen Kernaussage schon Herbert Grönemeyer vor 10 Jahren vorweggenommen hat – nur um einiges beschwingter als Heinzl. Sein bislang kritischer Optimismus ist einem umfassenden, fast schon mieselsüchtigen Negativismus gewichen: Wir gehen vor die Hunde! Während die Kriegstreiber lächeln, die Vermittler sich in zynisch-arroganter Ignoranz üben, die Fernsehunterhaltung mit Schiejok neue Tiefen auslotet und das schöne blaue Meer immer schmutziger wird. Auch dem letzten Funken Hoffnung, dem „Nicht-Mitmachen“, der Revolte, verspricht Heinzl eine kohlhaasige Zukunft. Was bleibt, ist ein geradezu schicksalsergebenes „carpe diem“, die restliche Zeit nach Leibeskräften auszunutzen.
Im Verlauf der Entwicklung dieser seiner sehr persönlichen – und entsprechend nachvollziehbaren – Endzeitstimmung, verstreut Heinzl – neben einer deutlich an Josef Hader angelehnten Traumreise in die griechische Mythologie – giftige Nebensätze und unverständliche Seitenhiebe, die er sich zu erläutern teils nicht mehr die Mühe macht, und somit mehr über die Heinzl‘-sche Wandlung vom „weisen“ Mitglied des kabarettistischen Ältestenrats zum erhaben-verbitterten Ankläger, Richter und Prophet in einer Person enthüllen, als über die Angriffsziele seiner verbalen Hinterrücks-Attacken: Talkmaster Phettberg habe einen IQ „zwischen Frucade und Eierlikör“, Mode- und Zeiterscheinung Helge Schneider sei der Vorbote für das humoristische Maß aller Dinge, etc.
Dazu singt er in nicht immer 100%iger Tempo-Harmonie mit seiner dreiköpfigen Band in bewährter Manier hübsche Lieder, die wie immer nach Tiefe und Philosophie schmecken sollen, aber ihr Aroma diesmal neben den teils überwürzten, teils schalen Beilagen kaum entfalten können. Und dass sich ausgerechnet HPH – im Lied „Outing“ – satirische Sorgen darüber macht, dass den sensationsgeilen Gesellschaftskolumnisten in Bezug auf ihn eines Tages der Stoff ausgehen könnte, wirkt angesichts der epischen Breite, in der er seinen Krebs von der Öffentlichkeit behandeln lässt, wie ein höhnischer Selbstleger.
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