Hader entprivatisiert
Ein neues Kabarett-Solo von Josef Hader gibt es frühestens zum 10-jährigen Bühnen-Jubiläum von „Privat“, sagt er. Also nicht vor 2004. Stimmt nicht ganz: Seine neue Version von „Hader spielt Hader“ ist so gut wie ein neues Programm.
profil 10/2001
Die Entstehungsgeschichte des Programms “Hader spielt Hader” ist fast eine etwas unfreiwillige: Nachdem er 1997 in Wien mit “Privat” abgeschlossen hatte, wurde er von einigen örtlichen Veranstaltern ersucht, er möge sich doch bitte irgendeine Darbietung einfallen lassen, um in der wärmeren Jahreszeit das Publikum aus den Gastgärten in die Kabarettlokale zu locken. Also durchstöberte er seine letzten vier Soli und kombinierte Szenen und Lieder zu einem eigenen Programm. „Es war nie so, dass ich meine alten Sachen spielen wollte”, erinnert er sich rückblickend, „aber ich habe entdeckt, dass es sehr reizvoll ist, alte Nummern so zusammenzubasteln, dass am Ende ein Abend dabei herauskommt, der durchaus auch ein ursprünglich genau so geschriebenes Programm sein könnte.”
Und weil er es von „Privat” her gerade so gewohnt war, stellte er diese homogene Kompilation in den gleichen formalen Rahmen: ein Hocker, ein Mikrostativ, ein E-Piano und ein Scheinwerfer. Sonst nichts. Nur Hader pur. „Auf Club”, wie er diesen minimalistischen, statischen Stil nennt.
Doch damit ist nun vorläufig Schluss: „Privat” ist inzwischen bundesweit abgespielt – und für seine nun bevorstehende Österreich-Tournee mit “Hader spielt Hader” hat er heimlich, still und leise eine gänzlich neue Fassung erarbeitet. „In größeren Räumen oder auf auf richtigen Theaterbühnen würde ich mir blöd vorkommen, wenn ich da nur herumsitze.”
Also besorgte er sich wieder ein Ansteck-Mikro und schuf eine gründlich entprivatisierte Version: „Endlich kann ich mich wieder frei bewegen: herumspringen, schreien, spucken, ins Publikum laufen und so.”
Natürlich galt es zu diesem Zweck auch, ganz andere, zum Teil seit über 10 Jahren nicht mehr gespielte, Szenen zu einem neuen Ganzen zu arrangieren. „Allzu schwierig ist das nicht”, räumt er ein, „weil grundsätzlich hat ja jeder Kabarettist nur ein Thema. Da passt dann alles irgendwie zueinander.”
Mit raffinierten Kunstgriffen und selbstironischen Zwischentönen – “Wenn ich einmal ausgebrannt bin, dann quäl ich die Leut mit meinen alten, schlechten Texten” – verwebt er den ewig Gestressten aus “Biagn oder Brechn” mit dem selbstgefälligen Werbetexter aus “Im Keller”, um nach der Pause als schmieriger, alkoholhältiger Entertainer (aus “Bunter Abend”) seinen großteils “Privat” entnommenen Liedern eine ganz besondere Note zu verleihen. Hader hat all diese vermeintlich so unterschiedlichen Gestalten nahtlos zu einer einzigen, in ihrer Stringenz überzeugenden, Figur verflochten. Einige Szenen wurden kurzerhand umfunktioniert : z.B. die Hasstirade auf den Bürokollegen und Nebenbuhler aus “Im Keller”. Die gilt nun einem affektierten Comedy-Star. Dass es ihm großen Spass bereitet, endlich wieder auf einer Kabarettbühne zu spielen, statt nur zu sitzen und zu erzählen, war bereits bei drei Probe-Aufführungen in Oslip Ende September ersichtlich.
In dieser Fassung findet sich auch eine neue Passage, in der er auf die Folgen der Terroranschläge eingeht. Obwohl das tages-aktuelle Kabarett ja eigentlich nicht seine Sache sei, wie er meint. Das einzige dezidiert politische Problem, dem er sich auf der Bühne seit 1994 widmet, ist der Konflikt zwischen reich und arm, zwischen Nord und Süd. „Gerade deshalb wäre ich mir feig vorgekommen, wenn ich mich in diesem Fall um die Aktualität herumgedrückt hätte.” Für Hader ist er Anlass zu Gedanken über die westliche Unfähigkeit zu trauern. Über ein System, in dem Rennfahrer ernsthaft erwägen, aus Anteilnahme in den ersten beiden Kurven nicht zu überholen.
Eines stand von vorne herein fest : Einen neuen Titel würde diese ganz andere Spielart von “Hader spielt Hader” nicht bekommen. Eine Weigerung, die er als Absage an die Gebräuche der Kabarett-Maschinerie, „die Menschen, Künstler und Programme verschlingt” verstanden wissen möchte: „Oben kommen möglichst in 2-Jahres-Abständen neue Programme und Premieren hinein, unten kommen Zuschauerzahlen, CDs und Videos heraus.” Daher hat er seine Agentur auch angewiesen, keinerlei Aufhebens um die neue Version zu machen. Von einer offiziellen Premiere ganz zu schweigen: „Premieren gehen mir nämlich unglaublich auf den Wecker.” Außerdem sei es ja eigentlich nur eine Art Recycling. Obwohl: „Es ist praktisch fast so, als ob ich ein neues Programm spiele. Nur, dass ich vorher nicht soviel schreiben musste.”
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