Leise wiehern die Zellen
Günther Gunkl Paals neues Kabarett-Solo „Ich lass mich gehen – Ein Abschied“
profil 09/2000
Nicht dem Publikum, nicht der Kabarettbühne, sondern seiner eigenen Vergangenheit sagt Gunkl in seinem neuen Solo Lebewohl: ein abstrakter Abschied von einem Lebensabschnitt, in dem ausschließlich Tatsachen, Logik und Ratio regierten. Gunkl lässt sich gehen: weg von Gödel, Einstein und Heisenberg, hin zu jenen Graubereichen, in denen sich der Großteil des zwischenmenschlichen Alltags abspielt. Und befreit von den Ankern der Vernunft feiern vorübergehend auch die irrwitzigst versponnenen Phantastereien ein Fest.
Klüger zu sein, als das Publikum, sei noch keine Kunst, formulierte ein Kritiker in Anbetracht dieses Programms sein eigenes Dilemma. Das allein wäre tatsächlich zu wenig, aber Günther Paal gelingt es abermals auf geistreiche und hochamüsante Art, dieses Mehr an Wissen so elegant und scharfsinnig auf verborgene Merkwürdigkeiten hin abzuklopfen, trockene Fakten neu zu kombinieren, fundiert fortzuspinnen und mit Witz zu vermitteln, dass es sehr wohl eine Kunst ist. Die hohe kabarettistische Kunst der humoristisch angewandten Physik und Philosophie. Gute Unterhaltung läßt sich eben – auch oder gerade im Kabarett – nicht mit dem Gaudimax-Lachometer messen. Sie ist vielmehr eine Frage der Intensität des Nervenkitzels. Und stimulierte Herz- und Hirn-Zellen können auch ganz still vor Freude wiehern.
0 comments on Leise wiehern die Zellen