Bitte zurücktreten
Gunkl: „Glück – eine Vermutung“
profil 09/2002
Pflegte Gunkl sein Publikum bislang an einem raffiniert versponnenen roten Faden durch die gekrümmten Räume seiner Kabarettkunstwerke zu führen, konfrontiert er es in „Glück” mit einem Quodlibet erstaunlicher, faszinierender Gedanken. Mittels ebenso anschaulicher wie amüsanter Beispiele dreht sich „Glück” zwar immer wieder um die Ordnung der Dinge im Großen und im Kleinen, um Rituale und Regeln, doch eine narrative Struktur ist nicht auszumachen. Sollen sich seine Kollegen in den fruchtbaren Niederungen des Alltäglichen um Weidegründe raufen, Gunkl öffnet indes mit geistreicher Eleganz ungeahnte Türen, um dem Aufmerksamen erstaunliche Zusammenhänge zu erschließen. Mit dem Scharfblick auf Einzelfälle durchstreift er Wirtschaft, Kirche, Medizin, Sport und Politik, ohne je den Überblick über das Ganze zu verlieren. Denn das Wesentliche wird erst aus der Distanz sichtbar. Wer ein paar Schritte zurücktritt, findet am Ende das Glück. Und wem es im Kabarett oft zu vorhersehbar zugeht, findet sein Glück bei Gunkls atemberaubenden Zirkeltraining für die grauen Zellen.
Wer ihm – was zu lesen war – Geschwätz unterstellt, schiebt ihm nur die eigene Bequemlichkeit in die Schuhe. Seine philosophischen Hintergründlichkeiten, also seine formvollendete und humoristisch angewandte Liebe zum Wissen wird in Zeiten der Comedy-Dampfplauderei offenbar von manchen als ungehöriger Affront empfunden.
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