Schwarzer Humor mit Schrammel-Grunge
Der Standard 02/1998
Zur Umsetzung der publikumsträchtigen Idee, ihr neues Programm „Hader & Dorfer“ zu nennen, fehlte ihnen dann doch das gehörige Quantum Frechheit. Stattdessen heißt es nun schlicht „Gut“. Und siehe – soviel haben die ersten Voraufführungen bereits bewiesen – es ward gleichermaßen. Wenn nicht besser.
Das Wiener Duo „gröllundgroebner“ zeichnet sich vor allem durch sein konsequentes Bestreben aus, für die klassische Kooperation von Sänger und Pianist musikkabarettistisches Neuland erschließen zu wollen. Ihrer Überzeugung, dass das weite Land des schrägen Liedguts noch zahllose weiße Flecken aufweist, verdanken wir seit ihren künstlerischen Anfängen vor sechs Jahren etliche erfrischend schwarze Tintenkleckse in der bunten Kleinkunst-Szenerie. Bereits mit ihrem ersten abendfüllenden Programm vermochten der Student der Architektur Gröll – „fast fertig“ – und der Student der Geschichte Groebner – „fast abgebrochen“ – 1995 den Grazer Kleinkunstvogel einzuheimsen. Seit damals arbeiten sie erfolgreich an der Verfeinerung ihres eigentümlichen Kabarett-Stils, bestehend vornehmlich aus vielfältig vertonter, nicht ganz dichter Dichtung.
Pianist Klaus Gröll – Typ: haariger Derwisch – pendelt mit virtuoser Vielseitigkeit vom Wiener-lied über die Zwölftonleiter und jazzige Umwege zum „Schrammel-Grunge“ – und begegnet der relativ respektlosen Behandlung von Sänger Severin Groebner – Typ: sodbrandiger Gerichtsdiener – zumeist mit treuherzigen Dackelblicken. Steinerweichend – nicht aber seinen Partner.
Nämlicher verfügt über eine Statur, die es ihm ermöglichen würde, sich hinter seinem Mikrofon-Ständer zu verstecken, und über ein Temperament, das ein derartiges Verhalten nie zulassen würde: exaltiert, exzentrisch, extrovertiert. Zu allem Überfluss trägt er ein bis in groteske Grenzbereiche grimassierfähiges Gesicht, das selbst in Momenten freundlichster Heiterkeit noch hinterhältige Diabolik auszustrahlen vermag. Ein Prinzip, dem auch viele der Lieder von „gröllundgroebner“ folgen: vordergründig harmlos, musikalisch möglicherweise sogar lieblich – humoristisch aber abgründig und bitterböse. Z.B. über einen Selbstmord-Kandidaten, dem seine Entleibungsversuche zu einem sysiphalen Hobby mit latent-letalem Ausgang für unschuldige Passanten gerät. Oder über einen Rationalisierungs-Beauftragten, der von Strophe zu Strophe nicht nur die Klavierbegleitung und den Text, sondern schließlich auch das Publikum einspart.
Doch auch, wenn „gröllundgroebner“ nur aus Sprachverspieltheit künstlerisch initiativ werden, sorgen sie für Unerhörtes und Unerwartetes: „In Siebenhirten sieben Hirten 7 Hirten aus …“. Ganz zu schweigen von ihren kuriosen inhaltlichen Eskapaden: über den letzten Kommunisten, der sein trauriges Dasein im Leergut-Rücknahme-Automaten fristet. Oder die göttliche Großküche, in der der Seelen-Eintopf vor sich hinköchelt und das jüngste Gericht in der Tiefkühltruhe wartet.
Keine Frage: Ihr Witz ist nicht unbedingt jedermanns Sache und ihr Stil alles andere, als Populär-Kabarett. Doch gerade das ist gut so. Denn erst die permanente Liebe zum Detail, mit der sie an ihrer charakteristischen Schrägheit schnitzen macht sie zu jenem unverwechselbar wertvollen Kleinod der Kleinkunst, als das sie sich mit ihrem vierten Programm endgültig etablieren. (pb)
Premiere am 24.2. / Kabarett Niedermair, Tel. 408 44 92
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