Ein Nagel mitten ins Herts
Finale des „Goldenen Kleinkunstnagels 2006“
Sieg für das Duo „Zärtlichkeiten mit Freunden“: „So visuelle Sachen kommen immer gut an bei einfachen Leuten.“
kabarett.at / 25. November 2006
Ohne die durchwegs bemerkenswerten Leistungen der drei anderen Final-Acts auch nur im Entferntesten schmälern zu wollen – jetzt mal ganz ehrlich: Hat irgendjemand wirklich ernsthaft geglaubt, dass „Zärtlichkeiten mit Freunden“ besiegbar wären? Das wäre ja fast zu schön gewesen, wenn einer der Kontrahenten tatsächlich dazu imstande gewesen wäre, in Sachen Witz und Wirksamkeit mit jenem Dresdner Duo mitzuhalten, das am Vorabend des Finales dieses doch eher als Newcomer-Wettbewerb einzustufenden „Nagels“ den „Swiss Comedy Award 2006“ gewinnen konnte.
Anlässlich ihres ersten Wien-Kurz-Auftritts vor einem halben Jahr war an dieser Stelle bereits von einem „Spitzenplatz in der Ewig-Besten-Liste der schrägsten Späße“, „Highlights des geharnischten Klamauks“ und „hinreißend naturtrübem Nonsens“ die Rede. Dem hatte die heurige Jury nur noch eine etwas lakonische Urteilsbegründung hinzuzufügen : „Trotz Punkteabzug für die unzeitgemäßen Perücken und ihre feindliche Anbiederung an das Wiener Publikum geht der Goldene Kleinkunstnagel 2006 an die Vertreter des europäischen Schwellenlandes schlechthin: Zärtlichkeiten mit Freunden.“
Und sollte es mit dem „Musik-Kasparett“, wie Stephan Schramm und Christoph Walter ihren herzerfrischend behämmerten humoristischen Stil selbstkritisch bezeichnen, irgendwann nicht mehr klappen, können sie immer noch eine Wanderausstellung der begehrtesten Nachwuchspreise auf Tournee schicken. Mit dabei u.a. der „Silberne Rostocker Koggenzieher“, das „Goldene Ei“ (Cottbus), der „Oelsnitzer Barhocker“, das „Goldene Tüddelband“ (Hamburg) und jetzt auch der „Goldene Kleinkunstnagel“ (Wien). Glückwunsch! (Termine & Infos unter www.zaertlichkeitenmitfreunden.de)
Doch nun zur heuer bemitleidenswert chancenlosen Konkurrenz. Der Publikumspreis ging an das sechs-köpfige Acapella-Komödien-Ensemble „4She“, das mit präziser Spielfreude bewies, dass die rotlichtigen Geschichten rund um Josefine Mutzenbacher auch 100 Jahre nach ihrem Erscheinen noch nicht zu abgelutscht sind, um sie in ein frivol-amüsantes Kleinkunst-Korsett zu stecken. Ihr Programm „Sündiges Wien“ wird mit Sicherheit und Recht sein Publikum finden. Vorläufig im angemessen plüschigen Ambiente des „Tanzcafé Jenseits“. (Termine & Infos unter www.4she.net)
Ganz offensichtlich mit Nervosität zu kämpfen hatten indes die seit April mit dem Publikumspreis des „Grazer Kleinkunstvogels“ gekrönte Wienerin Alice Frick (22) und der Enthusiasten bereits vom „Neulingsnagel 2004“ bekannte Steirer Michael Auernigg (25).
Erstere spielte Auszüge aus ihrem Stand-up-Comedy-Solo-Debut „Lektion gelernt!?“, das im Jänner im Spektakel seine Wien-Premiere erlebt. Zweiterer brachte Teile aus seinem ersten Solo-Kabarett-Programm „Vorsätzlich“ auf die Bühne. Und für beide gilt: Newcomer, denen es hoch anzurechnen ist, dass sie neben den professionellen und routinierten Darbietungen von „Zärtlichkeiten mit Freunden“ und „4She“ nicht abgestunken sind. Alles Weitere wird sich weisen.
Der bereits am Dienstag verliehene „Neulingsnagel“ für blutige Kabarett-Anfänger schmückt das „Gästehaus St. Marx“. Das Duo Bernie Magenbauer und Christoph Michalke gewann mit Szenen aus seinem aktuellen Programm „Shanghai, Kabumm & Tulpe“, und – so die Jury – „bestach mit seiner unorthodoxen und witzigen Performance, die nicht nur durch Energie und Spielfreude punktet, sondern auch einen dramaturgischen Faden aufweist“. In voller Länge am 15.12. im Andino.
0 comments on Ein Nagel mitten ins Herts