Stromlinienförmig
Viktor Gernot übt sich im „Freistil“. Sein Solokabarett-Debut.
profil 19/2003
Viktor Gernot kann singen, er kann moderieren, er kann parodieren und einiges andere auch noch. Was er offenbar nicht kann, ist, so weit auf Distanz zu seinen Talenten zu gehen, um sie auch durchwegs mit Maß und Ziel zum Einsatz zu bringen. Folgerichtig hat sein facettenreiches Solo-Kabarett-Debut „Freistil“ viele Durchhänger und einige markante Höhepunkte. Den von ihm parodierten Otto Schenk zum Beispiel. Ein verbitterter und versoffener alter Mann, der sich seinen markanten Schauspiel-Stil nur der Gage wegen eintrainiert hat : “Warum sonst gebärde ich mich wie ein besinnungsloser Cretin ?”. Oder der Vereinsobmann, dessen Rede nur aus einer langen Kette verunglückter Redewendungen besteht : “Da müssen noch viele Eulen die Donau runterschwimmen”, bis wir dem “drohenden Damenkloschwert” entkommen.
Vereinzelte Freudenfunken, gut gedämmt durch allzu viel abgedroschenes Füllmaterial über Teleshopping, Fernseh-Nachrichten, Austropopper und andere Belanglosigkeiten. Ausgerechnet Karl-Heinz Grasser, der ja nun wirklich etliche außergewöhnliche Ansatzpunkte für politische Satire bieten würde, vorzuhalten, dass er uns unser Geld wegnimmt, ist schlicht banal. Dass er sich anschließend wie ein marionetter Hampelmann auf Kommando albern gebärdet, wäre da schon deutlich hintergründiger, würde die Hintergründigkeit nicht der Albernheit zum Opfer fallen.
“Freistil” ist Gernots erstes Solokabarett. Das darf nicht vergessen werden. Aber für einen Bühnen-Profi seines Schlags ist es dennoch zu lückenhaft lustig, um nur zu unterhalten, und zu wenig kantig, scharfsinnig oder zumindest boshaft, um durch seine Frechheit zu amüsieren. Dabei läge bei einem Charmeur und Publikumsliebling wie Gernot gerade darin das größte Potential. Nur eine Spur unwirscher, rotziger – und aus dem Kontrast könnte Komik entstehen. Zweifellos ein geschliffenes Programm, aber dabei zu flach geraten. Cool im Vortrag, aber stromlinienförmig. Und letzteres ist bei „Freistil“ nur in sportlichem Kontext wünschenswert.
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