Wenn der Vater mit dem Sohne
„Freundschaft – Der Film“
Ein Kammerspielfilm als satirischer Wahlkampfstoff
kabarett.at / 14. September 2006
„Freundschaft – Der Film” ist die Verfilmung des Bühnenstücks “Freundschaft”. Punkt. Und damit wäre eigentlich auch schon alles gesagt, was es dazu zu sagen gibt. So präpotent und unfreundlich sich diese Aussage auch anhören mag, sie ist eine sachliche Feststellung – und über weite Strecken absolut positiv gemeint.
Rupert Henning (Autor, Regisseur, Darsteller), Erwin Steinhauer (Darsteller) und Florian Scheuba (Autor) haben ihren messerscharfsinnigen, polit-satirischen Bühnen-Dialog eigentlich nur um ein paar Passagen gekürzt – und ansonsten 1:1 inszeniert. Soll heißen : Sie haben ihr Kammerspiel schlicht an sorgfältig ausgestattete, reale Schauplätze verlegt und ihre gut eingespielten Streitigkeiten dort abgefilmt. Einziger gravierender Unterschied: um die Kontraste zu verdeutlichen, spielt sich die zweite Hälfte des Stücks nicht mehr in der beklemmenden, verstaubten Enge der Gemeindebau-Wohnung des frisch verstorbenen Pepi-Onkels, sondern im großzügigen Garten der Villa eines ehemaligen SPÖ-Bürgermeisters und im Yuppie-Loft seines Sohnes ab.
Zum besseren Verständnis ganz kurz zum Inhalt : Beim Durchstöbern und Ausmisten der persönlichen Hinterlassenschaft und des ideologischen Vermächtnisses ihres verstorbenen Pepi-Onkels, eines “aufrechten Klassenkämpfers” und “Urgesteins der sozialistischen Bewegung”, verwickeln sich Vater und Sohn in einen offensichtlich seit Jahrzehnten erfolgreich verdrängten Generationskonflikt – auf politischer und privater Ebene. Ein ideologiegläubiges, aber doch vor allem auf seinen eigenen Vorteil bedachtes Parteirädchen (Erwin Steinhauer), das es vom Zentralsparkassen-Kassier kurzzeitig bis zum Purkersdorfer Bürgermeister gebracht hat, und sein bis zur Gesinnungslosigkeit pragmatischer Sohn (Rupert Henning), der in einer Werbeagentur für Geld alles macht, liefern sich einen schonungslosen Schlagabtausch, in dessen Mittelpunkt die Auswirkungen der politischen Historie auf ihr Privatleben und die im Lauf der Geschichte immer größer gewordenen Unterschiede zwischen “sozial”, “sozialistisch” und “SPÖ” stehen.
“Gesagt haben sie uns, wenn er befreit ist, der einfache Arbeiter, von Ausbeutung und Unterdrückung und vom 48-Stunden-Tag, dann wird er Bücher lesen, ins Theater gehen, die Museen stürmen. Und? Was macht der undankbare Trottel? Schaut Musikantenstadl, liest Kronenzeitung und wählt die FPÖ!”
Der geistreich pointierte Disput hat im Film nichts von seiner satirischen Treffsicherheit und humoristischen Wirksamkeit eingebüßt. Brillant und brandaktuell. Ein fast ununterbrochener 90-minütiger Dialog – und doch kein Moment Langeweile. Nicht zuletzt dank der leinwandfüllenden schauspielerischen Klasse der Hauptdarsteller. Trotzdem : So einen Text muss man erst einmal schreiben !
Natürlich muss sich der Film die Frage gefallen lassen, ob nicht vielleicht eine inspiriertere, mutigere oder schlicht “filmischere” Umsetzung des Stoffes möglich gewesen wäre ? Schließlich hatte das spartanische Bühnenbild bereits bewiesen, dass es grundsätzlich keiner plastischen Illustration der Schauplätze bedarf. Andererseits : Bevor man sich ohne innere Überzeugung zu Experimenten zwingt, ist es bestimmt noch immer besser, bei den Mitteln des kleinen Fernsehspiels zu bleiben und sie für ein “kleines Kinospiel” zu adaptieren. Bester Beleg dafür ist der sehr bemüht wirkende Versuch, eine zweite Handlungsebene einzuführen. Kleine Empfehlung: Lassen Sie sich davon einfach nicht irritieren.
Und wenn wir gerade bei Konsumententipps sind, noch ein Wort zum Soundtrack: Die anfänglich doch ziemlich nervige Blasmusik der grundsätzlich höchst löblichen Formation “Mnozil Brass” stört im späteren Verlauf des Films nicht mehr so sehr. Entweder wird sie dort sparsamer und gezielter eingesetzt – oder es ist die Gnade des Gewöhnungseffekts. Jenes Effekts also, der uns auch über viele Unsäglichkeiten der Politik hinwegsehen lassen würde, gäbe es nich gelegentlich unbequeme Wachrüttler wie “Freundschaft”: Mit deutlichem Abstand zu den Gipfel-Halbmonden das Amüsanteste und Intelligenteste, was der Wahlkampf bisher zu bieten hatte.
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