„Gutes Kabarett gehört manchmal einfach gebrochen“
Falter 06/2021
Mit klugem Humor, dramaturgischer Prägnanz und Präzision bleibt das Duo Flüsterzweieck auch in seinem fünften Programm (Regie: Dieter Woll) seinem unverwechselbaren Stil des hochwertig abgedrehten Nummernkabaretts treu. Bereits mit ihren zwei einleitenden und zeitgleich vorgetragenen Stückerklärungen, von denen sich zwangsläufig nur Bruchstücke in der verschwommenen Sprachsuppe vermitteln, räumen die beiden mit allen Erwartungen an konventionelles Kabarett gründlich auf. In ihren elaborierten Szenen verschmelzen dann das Groteske mit dem Alltäglichen, Phantasie mit Logik, Poesie mit Brisanz, Nonsens mit Anliegen, harmonischer Zwiegesang mit unverblümter Zwietracht: „Die Primel primelt. Das Schneeglöckerl schneeglöckerlt. Der Krokus kroküsst. Aber du Arschloch narzisst.“
Kein roter Faden führt durch den abwechslungsreichen Abend, stattdessen werden viele bunte Fäden zu ungeahnten Bezügen verwoben. Bei Bedarf mit beherzter Albernheit oder effektvoller Aufgeblasenheit. Außerirdische treffen auf Heimatdichter, „Dr. Quinn – Ärztin aus Leidenschaft“ entpuppt sich als aktuellste Serie aller Zeiten, ein Kunstraub scheitert an einer deplatzierten Political-Correctness-Debatte.
Denn absurd und episch ist ihr Theater: Mit unverschämter Respektlosigkeit erzeugen sie immer wieder ironische Distanz zu den eigenen Figuren – und unbeirrbar führen sie miteinander ihre Monologe. Es hört ja eh jeder nur noch sich selbst zu. Und selbst ist die Frau: selbstsüchtig und immer selbst schuld.
„Gutes Kabarett gehört manchmal einfach gebrochen“, erkennt Ulrike Haidacher am Ende, nimmt sich wörtlich und übergibt sich. Antonia Stabinger blutet derweil. Spätestens jetzt ist „Kult“ Punk.
Falls noch jemandem während des letzten Jahres irgendwann der Gedanke gekommen sein mag, dass Kabarett womöglich verzichtbar weil vorhersehbar sei, erlebt mit diesem Werk ein bestechend amüsantes Gegenargument.
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