Sehr guter Dinge
„Es gibt tausende Lieder über die Liebe – aber keines über Raufasertapete. Dabei hält die oft länger!“
kabarett.at 11/2006
Zu Weihnachten hat Klaus Eckel einen goldenen Pharao-Aschenbecher, einen schaurig verzierten Eierbecher und einen selbst gebastelten Kerzenständer bekommen. Mit frisch gebackenem Besitzerstolz präsentiert er dem Publikum seine kitschigen Kleinode – und schließt mit ihm Freundschaft: „Wissens, was mir an Ihnen taugt: Ich spür‘ überhaupt keinen Neid.“
Kinder zahlen die Hälfte
Ein Gegenstand nach dem anderen dient dem 31-jährigen gelernten Betriebswirt Klaus Eckel, der sich vor 6 Jahren erfolgreich zum Kabarettisten umgeschult hat, in der ersten Hälfte seines neuen Solos „Helden des Alltags“ als Stichwortgeber für allerlei aberwitzige Erinnerungen und andere kuriose Exkurse. In der WG hat er seinerzeit die Fußmatte immer in die Wohnung gelegt, um die Straße nicht schmutzig zu machen. In Tirol gab es ohne Firmung keine Liftkarte. Und beim Hausbau ist es so, wie an der Kinokasse: die Kinder zahlen die Hälfte.
Von Borkum bis Brixen
Mit hohem Tempo und einer Dichte an originellen Pointen, wie sie eine heimische Kleinkunstbühne tatsächlich seit Jahren nicht mehr gesehen hat, fegt Eckel durch sein Programm. Spaßige Standup-Comedy von raum- und zeitloser Qualität, bei der das Publikum aus dem Lachen gar nicht mehr heraus kommt. Sie verzeihen, diese zwei platt-plakativen Sätze mussten sein. Denn die hat sich der Künstler, der in Kritiken ja stets auf der Suche nach überzeugenden und zitierbaren Passagen ist, die möglichst alle Veranstalter zwischen Borkum und Brixen verstehen, redlich verdient. Und dabei ist noch kein Wort über die zweite Hälfte des Programms gefallen. Da kennt dann der Spaß nämlich überhaupt kein Halten mehr.
Songs aus der Sicht der Dinge
Mit rührendem Einfühlungsvermögen versetzt sich Eckel in diverse hilfreiche Gegenstände hinein und leiht diesen „Helden des Alltags“ seine Stimme und sein Piano. Wie geht es Rogans Badehaube, die vor lauter Werbe-Drehs schon seit Monaten kein Wasser mehr gesehen hat? Wie geht es jenem vierten „Milky Way“, das es im „3+1“-Sonderangebot gratis dazu gibt? So etwas kann schon nachhaltig am Selbstwertgefühl nagen … Klaus Eckel hat ein Herz für die kleinen Dinge auf der Straße. Für Kurti, das in einem Anfall von Optimismus erstandene Kondom. Für Jean-Paul, das Konfetti mit Party-Phobie. Für Viktor, die ob ihrer homosexuellen Neigung reichlich deplatzierte Striptease-Stange. Für Eugen, den hilfreichen Bus-Haltegriff. Für Werner, den Kirschkern-Entferner. Oder für den sich nach Zärtlichkeit verzehrenden Kaktus, der nachts heimlich von Rasierern träumt …
Sieger nach Pointen
Aber auch Eckel selbst hat noch Träume und Ziele: „Einmal im Leben einen Baum fällen, ein Haus einreißen und ein Kind zurückgeben!“ Der hierzulande mit allen Newcomer-Preisen des Landes dekorierte Kabarettist versteht sich auf die Kunst des geschliffenen, gedanklichen Rösselsprungs, landet damit laufend unerwartete Wirkungstreffer und ist am Ende Sieger nach Pointen. Sein Stil verträgt höchstens noch ein paar emotionale Nuancen und Tempowechsel, um nie in Gefahr zu geraten, seine qualitativ hochklassigen Scherze mittels eines möglicherweise manchmal monoton wirkenden Dauerfeuers zu verpulvern. Etwas mehr Vielfalt im Vortrag – so, wie bei seinen oft nur aus ein paar Zeilen bestehenden Songs, die abwechselnd nach Hader oder Heltau, Brel oder Brink, Mey oder Maffay klingen.
Abschließend gibt es ausnahmsweise statt eine Fazits eine Prognose – zu der es zugegebenermaßen nur wenig Mut bedarf: Klaus Eckel wird mit diesem Programm einschlagen und abräumen, dass es nur so eine Freude sein wird. Und das völlig zurecht.
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