Schluss mit lustig? (II)
Ein Gespräch mit Alfred Dorfer – über die Zukunft des Kabaretts.
profil 10/2002
Herr Dorfer, wie geht es mit der Kabarettszene weiter ?
Dorfer: Da es keine Kabarettszene gibt, lässt sich diesbezüglich auch nichts prognostizieren. Eine Szene besteht ja aus Künstlern und Publikum. Das wirkliche Kabarett-Publikum ist aber sehr klein. Die meisten Besucher gehen entweder zum Düringer, zum Hader oder zum Dorfer – aber nicht generell ins Kabarett. Und auf Seiten der Künstler lässt sich schon gar nicht von einer einheitlichen Szene sprechen.
Nennen wir es also Kabarett-Sektor.
Dorfer: Die Zukunft liegt sicher nicht bei den Ausflügen in andere Spielstätten. Das wichtigste für den Kabarett-Sektor wird sein, dass die bekannten, etablierten und unsubventionierten Kabaretthäuser erhalten bleiben. Sie sind die Basis.
Die öffentliche Hand sollte den Bühnen also nicht über ihre finanziellen Schwierigkeiten hinweghelfen ?
Dorfer: Keinesfalls. Weil dadurch die Unabhängigkeit verloren geht. Bei dem Gedanken an steuerlich gefördertes Kabarett wird mir mulmig. Viel wichtiger ist es, vermehrt Strategien zu entwickeln, um die Schere zwischen den Kabarett-Stars, dem Mittelbau und dem Nachwuchs zu verkleinern.
Wie könnte diese Förderung funktionieren ?
Dorfer: Das geht nur über Medienpräsenz. Also stellt sich die Frage, ob der ORF willens ist, eine entsprechende, regelmäßige Kabarettsendung zu machen. Ohne etwas derartiges hat der Nachwuchs keine Chance, sich zu etablieren.
Liegt es nicht erst einmal an den Veranstaltern, für diese Künstler gute Bedingungen zu schaffen ?
Dorfer: Natürlich. In manchen Häusern wurde jahrelang verabsäumt, bei der Programmgestaltung darauf Rücksicht zu nehmen, dass man junge Künstler aufbaut. Einiges ist aber auch bereits geschehen. Zum Beispiel verbilligte Eintrittskarten für Newcomer-Abende. Aber das ist natürlich nicht genug. Um Publikum anzulocken, muss auch seinen geänderten Bedürfnissen Rechnung getragen werden. Gehört die freie Platzwahl wirklich zu einem gelungenen Kabarettabend dazu ? Sitzen die Zuschauer gerne in verrauchten Räumen ? Das sind Relikte aus einer überholten Beislkultur der 70er Jahre.
Welche Möglichkeiten haben die noch nicht arrivierten Künstler, um auf sich aufmerksam zu machen ?
Dorfer: Leider nicht mehr die, die wir Anfang und Mitte der 80er hatten. Die Nischen sind inzwischen großteils besetzt. Wer nicht epigonal arbeiten will, muss schon etwas sehr Spezielles machen, um sich zu positionieren. Um eine gewisse Popularität zu erreichen, bist du heute viel mehr als früher von den Medien abhängig. Mit der eigenen, guten Arbeit und entsprechender Mundpropaganda kannst du nur bis zu einem gewissen Punkt kommen. Das ist dann das Ende der Fahnenstange.
Künstlerische Qualität allein kann sich also im Kabarett ohne mediale Unterstützung oder Synergien mit Film und Fernsehen nicht einmal à la longue durchsetzen ?
Dorfer: Nein. Das hätten wir zwar alle gerne, ist aber leider ein bisschen zu ideell gedacht.
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